Heizen ohne Gas oder Öl? Ein Land beweist, dass es funktioniert

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Auf Öl- und Gasheizungen zu verzichten, mag sich im ersten Moment als ein gewagtes Unterfangen anhören. Immer wieder wird die Umsetzbarkeit dieses Vorhabens infrage gestellt. Dabei gibt es längst ein Land innerhalb der EU, das beweist, dass Öl und Gas für das Heizen nicht notwendig sind.
Heizkörper mit Heizventil
Heizen ohne Gas oder Öl - Ein Land beweist, dass es funktioniertBildquelle: Christian Horz/Shutterstock

Wenn ein Land klimaneutral heizen möchte, ist eine Abkehr von Öl- und Gasheizungen dafür unabwendbar. Moderne Heizsysteme wie die Wärmepumpe sollen die fossilen Heizungen schrittweise ersetzen. Dabei müssen sich insbesondere die effizienten Energiesysteme immer wieder Mythen oder verbreiteten Fehlinformationen stellen. Eine der häufigsten Fehlbehauptungen ist dabei, dass die Wärmepumpe ein Haus im Winter gar nicht richtig aufwärmen könnte. Ein Irrglaube, wie bereits Schweden beweist. Das Land hat Öl- und Gasheizungen heutzutage fast vollständig aus privaten Haushalten verbannt, der größte Anteil heizt stattdessen mit Wärmepumpen. Und das, obwohl in Schweden Temperaturen von durchschnittlich –12 °C im Winter die Regel sind. Vereinzelt können die Temperaturen sogar auf –30 bis –40 °C im nördlichen Landesinneren sinken.

Schweden wandte sich längst von Öl und Gas ab

Schweden hat eine Vorreiterrolle in der Energiewende in Europa eingenommen. Schon während der ersten Ölkrise im Jahr 1973 erkannte das Land, wie problematisch eine Abhängigkeit von dem fossilen Brennstoff ausfallen kann. Damals entfielen rund 80 Prozent des Energieverbrauchs des Landes auf Öl. Gas hingegen bildete eher eine Ausnahme und wurde in Schweden nie weitläufig ausgebaut. 1991 führte Schweden als zweites Land der Welt einen CO₂-Preis ein, der Öl im Vergleich zu Strom deutlich unattraktiver werden ließ. Zugleich startete man Subventionen für den Heizungstausch, die ermöglichten, die Einbaukosten für eine Wärmepumpe steuerlich geltend zu machen. Wie die schwedische Regierung angibt, lag der Preis pro Tonne CO₂ bei der Einführung bei 22 Euro. 2025 liegt er bereits bei 134 Euro je Tonne. Über die Jahre hinweg wurde er langsam angehoben, die Einnahmen nutzte die Regierung, um in die eigene Energiewende zu investieren.

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Seit 2000 hat Schweden seine gesamten Emissionen um 38 Prozent senken können, die Stromversorgung besteht heute zu beinahe 70 Prozent aus erneuerbaren Energien. Dabei entfällt ein großer Anteil auf die Wasserkraft, gefolgt von Windenergie auf dem zweiten und Solarenergie auf dem dritten Platz. Neben erneuerbaren Energien spielt auch die Atomkraft noch eine größere Rolle in Schwedens Strommix. In schwedischen Ein- und Zweifamilienhäusern wird bereits vorrangig mit Strom geheizt, hauptsächlich über Wärmepumpen. Laut Daten der schwedischen Statistikbehörde wurden 2023 insgesamt 35 Terawattstunden Energie in Ein- und Zweifamilienhäusern für Heizen und Warmwasser aufgewendet. 15,6 TWh entfielen dabei auf Strom, dicht gefolgt von Biomasse, hauptsächlich Holz, sowie der Fernwärme. Gerade in Mehrfamilienhäusern setzt man in Schweden vermehrt auf Fernwärme. Noch vor rund zwei Jahrzehnten sah das anders aus, Öl war damals die drittwichtigste Energiequelle für das Heizen im Land.  

Ähnliche Ansätze werden auch in anderen EU-Ländern versucht

Es ist kein Zufall, dass die CDU auch in Deutschland einen CO₂-Preis eingeführt hat, dessen Einnahmen ebenfalls in die Energiewende fließen sollen. Schweden hat bereits gezeigt, dass ein solches System funktionieren und eine Transformation für die Energieversorgung gelingen kann. Allerdings kann die Situation nicht exakt mit denen anderer Länder verglichen werden. In Deutschland sind etwa die Strompreise deutlich höher als in Schweden, weshalb die Wärmepumpe eine geringere Ersparnis bringt. Dem stehen höhere Einbaukosten als in anderen EU-Ländern gegenüber.

Strommast
Schwedens Strompreise sind im EU-Vergleich deutlich günstiger

Ebenso ist der Anteil an fossilen Brennstoffen in Deutschland insgesamt höher als zum Zeitpunkt, an dem Schweden seine Umstellung begann. So heizt rund die Hälfte aller Haushalte in Deutschland mit Gas, ein Viertel etwa mit Öl. So decken die fossilen Brennstoffe nicht in Drittel aller Heizenergie ab, sondern Dreiviertel.  Die Höhe der staatlichen Förderungen hingegen ist in Schweden vergleichsweise gering. So können Wärmepumpen etwa einen Steuerboni von bis zu 5.000 Euro pro Jahr erzielen, während in Deutschland über einen Zuschuss bis zu 70 Prozent der Kosten gefördert werden. So zeigt das Beispiel des EU-Landes zwar, dass eine Abkehr von fossilen Brennstoffen insgesamt möglich ist. Dennoch muss jedes EU-Land dafür seine eigene Methode und Balance finden. Teure Energiepreise wie hohe Stromkosten, die die Transformation ausbremsen, müssen dabei als Probleme konkret angegangen und gelöst werden. Nur so kann eine Abkehr von Öl und Gas tatsächlich gelingen.

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