Hans-Günther Schwarz ist der Architekt, der das ZiHaus in Altdorf nahe Nürnberg entworfen hat. Das besondere Konzept beruht auf einer Art „Thermoskannen“-Prinzip, wodurch sich das Gebäude stark von klassischen Wohnhäusern unterscheidet. Allein die Außenmauern des Gebäudes sind 75 Zentimeter dick, beinahe doppelt so dick, wie man es in der Baubranche heute für gut gedämmte Wände handhabt. Durch die isolierende Schicht bleibt die Wärme langfristig im Inneren des Gebäudes. Das wahre Geheimnis des ZiHaus verbirgt sich jedoch in Ziegelsteinen.
ZiHaus benötigt kein zusätzliches Heizsystem oder Heizkörper
Der Name ZiHaus steht für „Ziegel innovativ“ oder „Ziegelhaus“, da das Gebäude auf die Verwendung von Ziegelsteinen setzt, die schon hunderte Jahre im Bau genutzt werden. Traditionelle Bautechniken treffen in dem neuen Konzept auf moderne Ansätze, die die natürliche Speicherfähigkeit von Ziegelsteinen geschickt mit Photovoltaik vereinen. Das Dach des ZiHaus besteht aus Solarmodulen, die man wie Dachziegeln verlegt hat. Der Solarstrom wandert direkt von der PV-Anlage über Heizkabel, die durch einen großen Ziegelblock unter dem Haus verlaufen. Er ist unter dem kompletten Fußboden des Gebäudes verlegt und wiegt stolze 70 Tonnen. Die Heizkabel erhitzen sich dank des Solarstroms auf 40 Grad, eine Temperatur, die der Ziegelblock langsam an die Räume abgibt. Die Temperatur kann Architekt Hans-Günther Schwarz dabei stetig über sein Tablet überwachen.
Der Architekt möchte mit dem ZiHaus auf 60 Quadratmeter Wohnfläche beweisen, dass ein nachhaltiges Heizen von Wohngebäuden möglich ist – ausschließlich mit der Wärme, die sich über das Sonnenlicht gewinnen lässt. Der Ziegelblock unter dem Gebäude soll diese Wärme wochenlang speichern können, sodass auch Überschüsse aus Sommer und Herbst noch im Winter den Wohnraum aufheizen. Damit das funktionieren kann, sind die besonders dicken Außenwände nötig. Die wärmedämmende Hülle besteht aus Ziegelsteinen mit Holzfaserfüllung. Auch das Dach mussten die Architekten mit Dämmziegeln bauen, damit die Wärme nicht über die Gebäudehülle entweicht. Durch das hohe Gewicht musste man auf eine Konstruktion aus Stahlträgern zurückgreifen, um das Dach zu stützen.
Barrierefreies Wohnen mit cleverer Raumnutzung und unabhängiger Versorgung
Der Wohnraum selbst ist im gesamten Gebäude dabei barrierefrei und altersgerecht gestaltet. Mit nur einem Knopfdruck kann sich das Zimmer dabei verwandeln und von einem Konferenzzimmer für bis zu 20 Personen zu einem Schlafzimmer werden. Das ZiHaus ist ein Forschungsprojekt eines Architekturbüros in Altdorf, bei dem Experten prüfen, ob das Konzept die Erwartungen erfüllt. Dabei wollen sie auch zukünftig prüfen, ob sich ein Haus mit weniger Baumaterial bei gleicher Heizleistung errichten lässt.
Ergänzend zu solchen smarten Konzepten kann man eine sogenannte Heizfarbe verwenden, die dank integrierter Kohlenstoffpartikel eine elektrische Leitfähigkeit besitzt. Eine Firma aus Bayreuth stellt etwa solche Heizfarbe bereits heute her, um mit ihr Räume aufzuheizen. Auch dabei sind Heizkörper nicht mehr notwendig, was Kosten für Wartung und Installationen reduziert. Durch die Leitfähigkeit der Farbe erhitzen sich die Oberflächen, der Raum wird aufgeheizt. Besonders nützlich ist dabei, dass beliebig viel der verfügbaren Wandfläche für die Heizfläche genutzt werden kann. Das Unternehmen trägt die Karbonfarbe direkt auf Trockenbauplatten auf, die dann beim Hausbau zum Einsatz kommen. Bisher fristet das Konzept jedoch ein Nischendasein, obwohl es bereits von mehreren Hundert Bauherren als Haupt- oder Zusatzheizung genutzt wird.
Moderne Ansätze wie das ZiHaus und die leitfähige Karbonfarbe könnten den Bau von Wohnraum in Deutschland stark verändern. Ebenso, wie sie den Besitzern ein Stück Unabhängigkeit für die eigene Energieversorgung ermöglichen. Das ZiHaus bezieht keinen Strom aus dem öffentlichen Netz, sondern setzt auf die Kombination aus PV-Anlage und Kleinwindkraftanlage. Die Stromverteilung im Gebäude regelt diese nach Prioritäten, ein 18,5 kWh großer Stromspeicher sorgt für die nötigen Energiereserven. Das Gebäude können interessierte Bauherren gegen eine Gebühr von 250 Euro besichtigen.