Das Thema Glasfaser-Überbau ist inzwischen seit vielen Jahren eines, dass jene Firmen umtreibt, die eigene Glasfaser-Netze ausbauen. Der Vorwurf – grob verallgemeinert: Sobald ein alternativer Netzbetreiber plant, einen Ort mit Glasfaserleitungen zu versorgen, meldet sich auch die Telekom zu Wort und will dort ebenfalls ausbauen. Oder aber: Bestehende Glasfaserleitungen zu den Kunden werden tatsächlich mit einer weiteren Glasfaserleitung überbaut. Das Problem dabei: Oftmals rechnet sich die Investition des privaten Netzbetreibers dann nicht mehr, er verwirft seine Ausbaupläne oder betreibt ein unwirtschaftliches Netz, so die Darstellung. Wie groß dieses Problem wirklich ist, ist strittig. Die Telekom gibt zwar zu, dass es Fälle von Überbau gibt, spricht aber von gerade einmal zwei Prozent und begründet diese Fälle mit dem zulässigen Infrastrukturwettbewerb.
Debatten um Überbau beim Glasfaser
Auf der Jahrestagung des Branchenverbandes Breko in dieser Woche sagte der Präsident des Bundeskartellamtes Andreas Mundt, dass auch seine Behörde sich mit dem Thema beschäftige. „Es ist schwer festzustellen, ob es den Überbau gibt und wenn ja, wie? Gibt es tatsächlichen Überbau? Gibt es Ankündigungen von Überbau mit dem Resultat, dass sich Investitionen verzögern?“ Jede kleine Äußerung könne zu Verunsicherung und dazu führen, dass ein geplanter Glasfaser-Ausbau doch nicht stattfindet, so Mundt. Man sei sehr gespannt auf die Auswertungen und den Bericht der Bundesnetzagentur zu dem Thema. Das Bundeskartellamt werde das Thema dann begleiten müssen, so Mundt.
Formulierungen wie „Zwangsabschaltung“ nicht hilfreich
Ein anderes Thema hat in dieser Woche die Deutsche Telekom aufgeworfen. Die hat damit aus Sicht der Bundesnetzagentur für neue Verunsicherung im Markt und vor allem bei den Verbrauchern gesorgt. „Ich glaube, für keine Verbraucherin und keinen Verbraucher ist es hilfreich kontroverse Debatten über Überbau oder Formulierungen wie Zwangsabschaltung lesen zu müssen“, so BNetzA-Präsident Klaus Müller.
Müller spielte damit auf eine Aussage von Telekom-Deutschland-Chef Srini Gopalan an. Er sagte nur einen Tag vor der Jahrestagung des Breko auf dem Telekom-Netzetag in Berlin, seinen Kunden drohe ein Zwangsanbieterwechsel, wenn die Telekom dort DSL abschalten müsse, wo sie noch keine eigenen Glasfaserleitungen ausgebaut hat. Dass diese Äußerung kaum haltbar ist, haben die Wettbewerber schnell geradegerückt. Denn: Über Open Access steht der Telekom in der Regel auch die Glasfaser des Wettbewerbers zur Verfügung, um die eigenen Kunden weiter versorgen zu können. Man werde darauf achten, dass die Telekom ihre Kunden immer versorgen könne, war aus der Branche mit einem Kopfschütteln über die Erklärung des Telekom-Chefs zu hören.
Erklärungen „dämlich“ für das Ziel des Glasfaserausbaus
Den Präsidenten der Bundesnetzagentur hat die Aussage von Telekom-Chef Gopalan aber offenbar nachhaltig verärgert. In Bezug auf die Themen Überbau und Zwangsanbieterwechsel sagte Müller in Berlin wörtlich: „Beides halte ich für extremst kontraproduktiv. Das habe ich heute Morgen schon woanders gesagt, ich überlasse es ihrer Fantasie, wen ich gemeint habe. Aber beim Thema Überbau meine ich Sie.“ Damit sprach er die Breko-Mitglieder an, die sich maßgeblich über den Überbau durch die Telekom beschweren. „Menschen wollen beim Thema Glasfaser coole Anwendungen sehen oder hören, dass ihr Haus wertvoller wird. Ich weiß Sie da an der Seite meiner Behörde. Sie können sicher sein, wir stehen auch an Ihrer“, forderte er im Rahmen seiner Rede indirekt ein Ende der Überbau-Debatte.
Wie sehr den Regulierungschef die beiden Themen Überbau und Zwangsanbieterwechsel ihn tatsächlich ärgern, machte er später auf Nachfrage aus dem Publikum deutlich. „Immer wenn mich Freunde privat fragen, ‚Klaus, erklär mir das mal mit dem Überbau‘, dann ist der Abend schon mal doof. An dem Abend habe ich niemanden gewonnen, der sich am nächsten Tag einen Glasfaseranschluss bucht. Dasselbe droht, wenn ich dann nächste Woche erklären muss ‚Klaus, kommt da ne Zwangsabschaltung?‘. Das ist ungefähr genau so dämlich für das Ziel des Glasfaserausbaus. Beides sind Begrifflichkeiten, die machen unsicher, die schüren Ängste.“ Er appellierte an die Branche, die Begeisterung für Glasfaser zu entfachen.
Kabel-Abschaltung für Bundesnetzagentur kein Thema
Bundeskartellamts-Chef Mundt lies indes durchblicken, dass auch seine Behörde sich mit dem Thema Kupfer-Glas-Migration beschäftigen wird. Es geht dabei um die Abschaltung der DSL-Netze zu Gunsten von Glasfaserleitungen in den kommenden Jahren. Sie kann aber nur dort erfolgen, wo es gut ausgebaute Glasfasernetze gibt. Wie genau die Umsetzung erfolgt, ist offen und auch abhängig von den Gegebenheiten vor Ort. Hier spielen Eigentumsverhältnisse der Gebäude, mögliche Breitband-Alternativen, die Verkabelung in den Gebäuden und die Ansprache der Kunden eine Rolle. Möglich erscheint, dass es im ersten Schritt keine Vermarktung von DSL in bestimmten Gebieten mehr gibt.
Unter anderem im sogenannten Gigabitforum wird das Vorgehen zwischen Wettbewerbern und Regulierern besprochen. Das Kartellamt hatte sich hier zuletzt zurückgezogen. Mundt sagte: „Die Migration von Kupfer auf Glasfaser ist schwierig.“ Wenn man sich das Thema Kupfer-Glas-Migration anschaue, „bin ich mir nicht so sicher, ob das Bundeskartellamt nicht doch auch wieder [beim Gigabitforum] dabei sein muss, sodass wir eine Lösung bekommen, die sich mit dem Wettbewerb verträgt.“
Die ebenfalls von der Telekom aufgebrachte Forderung, die Kabelnetze ebenso wie DSL zugunsten von Glasfaser-Infrastruktur abzuschalten, ließ BNetzA-Chef Müller übrigens gekonnt abblitzen. „Ich höre diese Stimmen seit etwa zwei Wochen“, sagte er auch Nachfrage aus dem Publikum. „Ich glaube, dass das eine taktische Implikation ist, darum beschäftigt die mich derzeit herzlich wenig.“