Glasfaser-Anschluss: Dieses Urteil verändert den Markt

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Wenn du einen Glasfaser-Anschluss buchst, bevor er gebaut wurde, kann das zu Problemen bei der Vertragslaufzeit führen. Es kann sein, dass du mehr als zwei Jahre nach dem Abschluss noch an den Anbieter gebunden bist. Jetzt gibt es dazu ein Urteil.
Ein Bauarbeiter steht in einem Kabelschacht. Im Vordergrund ist eine Glasfaser-Speedpipe zu sehen
Urteil: Die Dauer des Glasfaser-Ausbaus darf die Vertragslaufzeit nicht verlängertBildquelle: Deutsche GigaNetz

Beim Glasfaser-Anschluss sind Verträge mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren genauso gängige Praxis wie beim Mobilfunk oder DSL-Anschluss. Gerade unter den Anbietern von Glasfaser-Leitungen ist es gängige Praxis, dass die Vertragslaufzeit erst mit der Freischaltung des Glasfaser-Anschlusses und nicht mit Vertragsschluss beginnt. Das ist insbesondere dann problematisch, wenn es sich beispielsweise um eine Vorvermarktung handelt. Der eigentliche Anschluss baue der Anbieter dann oft erst Monate, manchmal Jahre später. Du als Verbraucher hast entsprechend darauf meist keinerlei Einfluss. Hattest du einen Vertrag unterschrieben, musstest du bisher hinnehmen, dass sich der Kündigungszeitpunkt durch den späten Beginn der Vertragslaufzeit nach hinten verschiebt. Ein Anbieterwechsel war dadurch teilweise erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt möglich.

Vertragsbeginn ab Freischaltung in AGB festgeschrieben

Die Deutsche GigaNetz hatte den Beginn der Mindestvertragslaufzeit ab Freischaltung des Anschlusses sogar in ihren AGB festgeschrieben. Dagegen klagte die Verbraucherzentrale vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht und bekam Recht. Die Deutsche GigaNetz baut vorwiegend eigenwirtschaftlich Glasfaser-Netze bis in die Wohnung aus. Das Unternehmen ist dabei nach eigenen Angaben aktuell in elf von 16 Bundesländern aktiv. Der Netzausbau erfolgt in aller Regel in ländlich geprägten Gebieten. Aber auch Städte wie Dresden finden sich auf der Liste der geplanten Städte. Zuletzt vermeldete der Anbieter, er plane eine Million Anschlüsse in Deutschland zu bauen. In einigen Fällen scheitert der Ausbau aber auch an einer zu geringen Vermarktungsquote im Vorfeld des Ausbaus.

Sofern der Ausbau tatsächlich erfolgt, kann der Bau von Glasfaser-Leitungen von wenigen Wochen bis zu mehr als einem Jahr dauern. Beginnt die Vertragslaufzeit jedoch erst mit der Freischaltung des Anschlusses, verlängert sich die tatsächliche Bindung der Verbraucher, da der Zeitraum des Ausbaus auf die Mindestvertragslaufzeit aufgeschlagen wird. „Dies verstößt gegen die gesetzliche Höchstlaufzeit für Telekommunikationsverträge von maximal zwei Jahren“, sagt Erol Burak Tergek, Jurist und Telekommunikationsexperte der Verbraucherzentrale NRW. Diese Ansicht hat jetzt das Hanseatische OLG bestätigt. Das Gericht führte in seinem Urteil aus, dass das Gesetz eine übermäßig lange Bindung der Verbraucher verhindern wolle, um deren Wahlfreiheit bezüglich des Netzanbieters nicht zu beeinträchtigen (Urteil vom 19.12.2024, Az. 10 UKL 1/24).

Verbraucherschützer stellen klar: Glasfaser-Vertrag beginnt nicht erst mit der Schaltung

„Das Urteil ist wegweisend, weil es den Anbietern signalisiert, dass auch beim Glasfaserausbau die Höchstlaufzeit von zwei Jahren gilt“, so der Verbraucherschützer. Das Risiko der Ausbauzeit könne nicht auf die Verbraucher abgewälzt werden. Die Verbraucherzentrale NRW stellt klar: Grundsätzlich kannst du einen Glasfaser-Anschluss erstmals zum Ende der Mindestvertragslaufzeit ordentlich kündigen. Diese beträgt in der Regel 24 Monate und beginnt mit dem Vertragsabschluss und nicht erst mit der Schaltung und tatsächlichen Nutzung des Internetanschlusses.

Urteil ist ein Problem für Glasfaser-Anbieter

Für jene Anbieter, die ihre Glasfaser-Anschlüsse selbst vermarkten (wie die Deutsche GigaNetz) ist das Urteil ein Problem. Denn es könnte bedeuten, dass ein Kunde, dessen Anschluss erst kurz vor Ablauf der zweijährigen Vertragslaufzeit geschaltet wird, direkt kündigt. Dann hätte der Glasfaser-Betreiber eine Leitung für mehrere tausend Euro verlegt und nur wenige Euro Grundgebühr vom Kunden gebucht.

Gegenüber inside digital teilte die Deutsche GigaNetz auf Anfrage mit: „Die Errichtung einer digitalen Infrastruktur durch den flächendeckenden Ausbau mit Glasfasernetzen in den Kommunen und Städten Deutschlands ist ein Millioneninvestment und benötigt seine Zeit der Planung, das Auf- und Ausbaus sowie der Anschlussaktivierung. Dabei wird schnell ein Zeitraum von über zwei Jahren erreicht, in welchem wir uns in finanzielle Vorleistung begeben. Es bedarf bei diesem Gesamtvorhaben einer Planungs- und Rechtssicherheit für alle Parteien.“

Der entscheidende Unterschied zwischen Glasfaser-Verträgen und anderen Service-Verträgen sei, dass der Anbieter den Anschluss zunächst bauen muss. Die Deutsche GigaNetz geht davon aus, „dass das Telekommunikationsgesetz Vorrang gegenüber dem BGB (Bürgerlichen Gesetzbuch) hat und es zulässig ist, dass die Mindestvertragslaufzeit erst mit Anschlussaktivierung beginnt.“ Das Unternehmen kündigte an, das Urteil des OLG nicht zu akzeptieren und in Revision zu gehen.

Sollte das Urteil Bestand haben, so geht man in der Branche davon aus, dass sich die Preise für Endkunden erhöhen werden. Insbesondere die generelle Einführung von einmaligen Anschlusskosten könnte ein Thema werden. Das dürfte den ohnehin zähen Umstieg auf die Glasfaser noch schwieriger machen. Auch eine höhere Vorvermarktungsquote ist denkbar, um mögliche Schnellkündler zu kompensieren. Da aber schon heute in einigen Orten nicht genug Interesse an einem Ausbau von Glasfaserleitungen besteht, dürfte sich der Ausbau der schnellen Leitungen weiter verlangsamen. Dabei zeigen aktuelle Zahlen der Telekom, dass in acht bis zehn Jahren der Internetbedarf der meisten Haushalte mit einer VDSL-Leitung nicht mehr gedeckt werden kann.

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1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild Karsten Frei

    Und genau deswegen soll der Staat die Netze bauen und verwalten. Schluss mit Scheinwettbewerb.
    Die Versorgungssicherheit und Erreichberkeit sollen im Vordergrund stehen, und nicht die Gewinne um jeden Preis.

    Antwort

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