Bei dem Rundfunkbeitrag – ehemals GEZ-Gebühr oder Rundfunkgebühr – handelt es sich um eine verfassungswidrige Zwangsgebühr, mit der die Regierung ihre Staatsmedien finanziert! So lautet der Vorwurf vieler deutscher Bürger. Und auf den ersten Blick scheint einiges dran zu sein. Schließlich können wir tatsächlich nicht selbst entscheiden, ob wir den Rundfunkbeitrag bezahlen möchten oder nicht. Dennoch bleiben Fragen offen. Beispielsweise: Warum setzt der Staat auf ein solches System und riskiert die Wut der zahlungsunwilligen Bürger auf sich zu ziehen, anstatt seine Staatsmedien ohne großes Aufsehen mittels der üblichen Steuereinnahmen zu finanzieren? Dafür gibt es gute Gründe. Die jedoch nicht zur anfangs aufgeführten Theorie passen wollen. Doch alles der Reihe nach.
Die Idee hinter dem Rundfunkbeitrag
Kommen wir zunächst einmal auf den Elefanten im Raum zu sprechen: den Sinn und Zweck des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der in Deutschland durch den Rundfunkbeitrag finanziert wird. Paradoxerweise ist die Idee hinter einem unabhängigen Rundfunk, genau das zu verhindern, was Kritiker diesem unterstellen. Die dazugehörigen Sender sollen Bürger objektiv informieren, bilden (Stichwort: Bildungsauftrag) sowie unterhalten – und zwar unabhängig von staatlicher oder wirtschaftlicher Einflussnahme! Und genau das ist der Grund für die Existenz des Rundfunkbeitrags. Denn würden die Rundfunkanstalten durch Steuern finanziert werden, gebe dies dem Staat Kontrolle über ebenjene. Wie? Ganz einfach: Strahlen diese nicht das aus, was die Regierung möchte, könnte Letztere ihre Finanzierung kürzen und vice versa. Ein Rundfunkbeitrag, der von dem ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice verwaltet wird und über den die Politik im weitesten Sinne (später mehr dazu) keine Kontrolle hat, macht dies unmöglich und gewährleistet die Unabhängigkeit der Presse in Deutschland.
Und warum zum Teufel soll das nun wiederum so wichtig sein? Auch hier ist die Antwort recht simpel. Als sogenannte Vierte Gewalt (inoffizielle Bezeichnung mit Blick auf die Gewaltenteilung) steht der Presse eine Kontrollfunktion über die drei Staatsgewalten Legislative (gesetzgebende Gewalt – Bundestag), Exekutive (vollziehende Gewalt – Bundesregierung) und Judikative (Recht sprechende Gewalt – Landesgerichte) zu. Was passieren kann, wenn die Unabhängigkeit der Medien nicht gewährleistet ist, lässt sich aktuell am Beispiel von Russland erkennen. Hier zerschlug die Staatsführung sämtliche kritischen Sender und füttert die Bevölkerung mit staatlicher Propaganda und Falschinformationen.
Unterm Strich lässt sich festhalten, dass diejenigen, die eine Abschaffung des Rundfunkbeitrags fordern, weil sie die „Staatsmedien“ nicht unterstützen wollen, bei Erfolg ironischerweise genau das erreichen würden, was sie eben nicht möchten: einen gestärkten Regierungsapparat mit mehr Handlungsspielraum. Denn dann gebe es keine unabhängige Instanz mehr, die dessen Vorgehensweise im selben Umfang kritisch beleuchten könnte, wie es derzeit der Fall ist.
Perfektes System? Mitnichten!
So viel zur Theorie und zur Notwendigkeit des Rundfunkbeitrags. Wer nicht in einer Diktatur leben möchte, sollte folglich nicht für eine Abschaffung, sondern für den Erhalt des Rundfunkbeitrags kämpfen. Was jedoch keineswegs bedeutet, dass das System, so wie es jetzt ist, perfekt ist – im Gegenteil. Eine grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist längst überfällig und dessen Relevanz sollte als Ansporn dafür verstanden werden, diese möglichst zeitnah in Angriff zu nehmen. Zahlreiche unterschiedliche Gründe sprechen für eine Reform, in erster Linie jedoch die folgenden.
Staatsnahe Vertreter in Rundfunkräten
Bei den sogenannten Rundfunkräten handelt es sich um Aufsichtsgremien, die für die Programmkontrolle der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verantwortlich sind. Die Räte setzen sich dabei aus den Mitgliedern unterschiedlicher Vereinigungen wie Gewerkschaften und Verbänden zusammen. Auf diese Weise sollen sie einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Im ZDF-Fernsehrat finden sich derzeit jedoch Akteure wie Heiko Geue (Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern), Rainer Robra (Staatsminister und Chef der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt) und Kai Klose (Hessischer Minister für Soziales und Integration).
Noch in jüngster Vergangenheit war sogar Markus Söder (Bayerischer Ministerpräsident) Teil des sogenannten Verwaltungsrats des ZDF. Und das alles sind keine Einzelfälle. Laut Informationen der Plattform Übermedien stellen Vertreter staatsnaher Institutionen mit 27,1 Prozent die mit Abstand größte „Fraktion“ in den Rundfunkräten dar. In den Räten von ZDF und des Deutschlandradios sind es sogar jeweils 33,3 Prozent – beim WDR 25,5 und beim SWR 23,0 Prozent. Wenn man bedenkt, dass die vorrangige Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der unabhängigen Berichterstattung liegt, sollte dieser Punkt in den Regularien dringend überarbeitet werden.
Unterhaltung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Als das Rundfunksystem aufgebaut wurden, existierten weder Smartphones noch soziale Netzwerke, Streaming-Dienste oder das Internet – zumindest aus Sicht der breiten Öffentlichkeit. Die Möglichkeiten zur Unterhaltung im Alltag waren also stark eingeschränkt. Aus diesem Grund planten die Verantwortlichen einen großen Teil des Rundfunkbeitrags dafür ein, Zuschauern Unterhaltung zu bieten. Unter Unterhaltung verstand man dabei insbesondere „Kabarett und Comedy, Filme, Serien, Shows, Talk-Shows, Spiele und Musik“. Mittlerweile existieren jedoch unzählige weitere Unterhaltungsmöglichkeiten, die ein durch den Rundfunkbeitrag finanziertes und nicht optionales Unterhaltungsprogramm überflüssig machen. Denn unerlässlich wären mit Blick auf die zuvor aufgeführte vierte Gewalt lediglich Sendungen wie Reportagen und Berichterstattungen, Dokumentationen, Informationssendungen und politische Talk-Shows. Weitere Programmpunkte könnten derweil in ein abo- oder werbefinanziertes Modell überführt werden, was eine große finanzielle Entlastung für die Beitragszahler bedeuten würde. Denn der Aspekt der staatlichen Einflussnahme spielt hier keine Rolle.
Verantwortungsvolle Finanzplanung
Viel gibt es zu diesem Punkt nicht zu sagen. Schlechtes Finanzmanagement, hohe Bonuszahlungen und sechsstellige Ruhegelder für Führungskräfte von ARD und ZDF sprechen für sich. In gewinnorientierten Privatunternehmen ist ein solches Vorgehen gang und gäbe. Nur handelt es sich beim öffentlich-Rechtlichen Rundfunk weder um ein Privatunternehmen, noch ist dieser gewinnorientiert. Die Finanzierung in Höhe von 8,57 Milliarden Euro im Jahr 2022 stammt direkt aus den Geldbeuteln der Bürger. Daher ist eine solche finanzielle Handhabung, die an „Verschwendung“ der Gelder grenzt, beinahe schon unzumutbar. Auch mit Blick auf die unzähligen (regionalen) Sender, die im Rahmen ihrer Berichterstattung oftmals die gleichen Themen doppelt und dreifach abdecken.
Ganz zu schweigen von Fällen wie dem der früheren RBB-Intendantin Patricia Schlesinger. Zu den Vorwürfen gehören unter anderem Privatreisen, großzügige Geschenke auf Kosten des Senders und ein Luxus-Büro im Wert von angeblich 650.000 Euro. Bessere und schlankere Kontrollmechanismen und deutlich mehr Transparenz bei der Finanzverwaltung könnten solche Ausgaben eindämmen. Was sicherlich im Sinne der Beitragszahler wäre und die aus demokratischer Sicht dringend notwendige Akzeptanz des Rundfunkbeitrags steigern würde.