Das deutsche Start-up Voltfang baut Energiespeicher aus Second-Life-Elektroauto-Batterien. Mit diesem besonderen Geschäftsmodell konnte das Unternehmen bereits einen bekannten Neu-Investor gewinnen. Heizungsbauer Viessmann investierte im vergangenen Sommer rund 5,2 Millionen Euro in die junge Aachener Firma. Nun möchte Voltfang gemeinsam mit Goldbeck, einem Bau- und Serviceunternehmen, ein großes Pilotprojekt starten. Aus ausrangierten E-Auto-Batterien soll ein riesiger Stromspeicher mit 200 Kilowattstunden (kWh) Speicherkapazität entstehen.
Gewerbegebäude enthält riesigen Speicher aus Autobatterien
Die Kooperation zwischen Voltfang und Goldbeck eröffnet neue Möglichkeiten für den jungen Speicherhersteller. Das Bau- und Serviceunternehmen ist bereits europaweit an mehr als 100 Standorten tätig, um die Wünsche zahlreicher Gewerbekunden zu erfüllen. Gemeinsam mit Voltfang entsteht in einem Gewerbegebäude in Nürnberg inzwischen ein einzigartiges Pilotprojekt. Für den Sportartikelhersteller Teveo errichten die beiden Unternehmen nicht nur eine 9.000 Quadratmeter große Logistikhalle inklusive Büros. Der Gebäudekomplex erhält dazu ein besonderes Energiekonzept, das neben dem 200-kWh-Stromspeicher aus alten E-Auto-Batterien ebenso eine 749-kWp-Photovoltaik-Anlage sowie 16 Ladesäulen umfasst.
Mithilfe dieses Pilotprojektes möchten die beiden Unternehmen genau herausfinden, wie die optimalen Größen von Speichersystemen für unterschiedliche Gebäude ausfallen. Mit den gesammelten Daten sollen künftige Gewerbespeicher effizient skaliert werden, sodass für jedes Unternehmen eine perfekte Abstimmung zwischen Stromproduktion, -Speicherung sowie -Nutzung erfolgen soll. Zugleich dürfte dieser Testlauf enthüllen, wie zuverlässig Stromspeichersysteme auf lange Sicht funktionieren, wenn sie aus überholten Batteriespeichern gebaut werden. Je effizienter und langlebiger sich diese Stromspeicher nutzen lassen, desto nachhaltiger könnten wertvolle Rohstoffe genutzt werden.
Wiederverwertung von E-Auto-Batterien mit KI-Software
Um die E-Auto-Batterie für den Gebrauch in großen Stromspeichern aufzubereiten, setzt Voltfang auf eine selbst entwickelte und auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Software, die Batterien auf ihre Langlebigkeit bewerten kann. Mit diesen Betriebssystemen und einem entsprechendem Monitoring verspricht Voltfang, die Batterien genauso lange haltbar machen zu können wie eine Neubatterie. Eine entsprechende Garantie erteilt das Unternehmen ebenfalls, in Form einer sogenannten zehnjährigen „Batteryflat“. Sie garantiert, dass der Stromspeicher zehn Jahre sowie 6.000 Ladeyzyklen übersteht – wesentlich mehr, als viele Konkurrenten versprechen. Sollte eines der Batteriemodule während der zehnjährigen Garantie ausfallen, tauscht Voltfang es aus.
Voltfang fokussiert sich dabei primär auf gewerbliche Kunden, die aus einer großen Möglichkeit an Speicherkapazitäten wählen können. Von 58 kWh bis zu 25,75 MWh deckt der Anbieter dabei eine große Bandbreite ab, die für den durchschnittlichen, heimischen Bedarf zu groß ausfallen. Anders sieht es hingegen bei Mehrfamilienhäusern aus. Ein Mehrfamilienhaus in Lippstadt erhält in einem der Projekte des Start-ups einen 58 kWh großen Stromspeicher inklusive 30 kW Leistung passend zu einer 21,5-kWp-Solaranlage auf dem Dach.
Eine Integration in große Batteriespeichersysteme, die zur Entlastung des Stromnetzes beitragen, wäre ebenso denkbar. Besonders spannend bleiben die Stromspeicher dank des Double-Pack-Ansatzes, der 2nd-Life-Batterien mit New Life Batterien kombiniert. Dieses Verfahren ist laut Aussage des Unternehmens hauptverantwortlich dafür, dass die zyklische Alterung (Lithium-Platings) der Stromspeicher reduziert wird, da der Betrieb in einem unteren Spannungsbereich erfolgt. Für Kunden schlägt sich das hauptsächlich in längerlebigen und günstigen Stromspeichersystemen nieder. Ob Voltfang zukünftig auch kleinere Heimspeicher-Systeme mit dem Double-Pack-Ansatz herstellen will, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt. Sollte sich die Technologie jedoch im großen Maßstab bewähren, stehen die Chancen gut, dass sie auch für heimische Batteriesysteme eine geeignete Lösung darstellt.