In den vergangenen Monaten gab es für Gaskunden wenig Grund zur Freude. Die Preise blieben hoch, bisherige Ersparnisse im Großhandel gelangten selten bis zu den Kunden vor. Künftig könnten sich die Gaspreise in Deutschland jedoch deutlich entspannen. Zum Ende dieses Jahres laufen Lieferverträge mit Russland aus, die Ukraine stimmt einer erneuten Lieferung von Gas über das eigene Land nicht zu. Das ist jedoch kein Grund zur Sorge. Denn bereits heute gibt es Verhandlungen mit einem neuen Lieferanten für Europa.
Aserbaidschan in Verhandlungen um Europas Gasbelieferung
Sowohl die Gaslieferungen aus Russland, Osteuropa als auch Österreich enden mit dem bestehenden Jahr. Um die europäischen Erdgas-Preise weiterhin zu senken, verhandeln Käufer und Versorgungsunternehmen bereits mit Aserbaidschan, um Gas nach Europa zu liefern. Nach Einschätzungen der Investmentbank Goldman Sachs könnten sich die Gaspreise dadurch halbieren. Vor allem, da der Gasmarkt dabei mehr Gaslieferungen erhalten könnte, als bisher erwartet wurden. Analysten halten es für möglich, dass die Gaspreise dabei auf die „untere bis mittlere 20-Euro-Grenze“ pro Megawattstunden sinken, so hieß es gegenüber Bloomberg. Für Gaskunden wäre das eine willkommene Nachricht. Am 2. November lagen die Gaspreise für Neukunden bei 8,9 Cent je Kilowattstunde (kWh) und damit nur wenig unter dem bisherigen Jahreshoch. Im September erreichte der Neukundengaspreis mit 9 Cent pro kWh den teuersten Wert des Jahres.
Besonders deutlich wird die Verteuerung des Gases, wenn man sich die Gaspreise gegen Ende März betrachtet. Damals zahlten Neukunden lediglich 6,5 Cent pro kWh. An dieser Verteuerung haben jedoch mehrere Faktoren einen Anteil. Zum einen führt man ihn auf den erhöhten Gasbedarf durch einen erhöhten Strombedarf von Klimaanlagen im Sommer zurück. Des Weiteren müssen Kunden nun erneut 19 Prozent Mehrwertsteuer auf ihr Gas zahlen, während sie zuvor lediglich 7 Prozent Mehrwertsteuer zahlten. Die Preisreduktion galt vom 1. Oktober 2022 bis zum 31. März 2024.
Politische Entscheidungen sind für Wechsel notwendig
Gelingt dem ungarischen Unternehmen MWM und dem slowakischem Unternehmen Slovensky Plynarensky Priemysel der Vertragsabschluss mit Aserbaidschan, könnten schon bald 12 bis 14 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr fließen. Dasselbe Pipelinenetz käme dabei zum Einsatz, das bisher russisches Gas durch die Ukraine in die EU transportiert. Zusätzliche Pipelines sind somit nicht erforderlich. Das Abkommen wäre ganz im Interesse das Ukraine, die das auslaufende Transitabkommen mit dem russischen Gasriesen Gazprom nicht verlängern will. Damit die Ersatzbelieferung in Kraft treten kann, sind jedoch weitere Schritte erforderlich. Zum einen das Inkrafttreten des Handelsabkommens mit der Ukraine, das eine politische Entscheidung Kiews benötigt. Ebenso soll Aserbaidschan ein Austauschabkommen für den „Gastausch“ mit Russland unterzeichnen. Bereits unabhängig dieser Abkommen hatte sich die EU das unverbindliche Ziel gesetzt, bis 2027 alle russischen Gasimporte zu stoppen. Das Ende der ukrainischen Weiterleitung von russischem Gas könnte diesen Schnitt nun beschleunigen.