Fake oder echtes Schnäppchen? 1.600 neue Fakeshops pro Monat

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Rund um den Black Friday wachsen sie wie Pilze aus dem Boden: Fake-Shops mit vermeintlich guten Deals. Tatsächlich aber verlierst du nur dein Geld. Ein Tool der Verbraucherschützer will dich dafür schützen, wiegt dich aber offenbar in falscher Sicherheit.
Online-Shopping mit einem Tablet

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Fakeshops sind auf den ersten Blick schwer zu erkennen. Dass selbst Experten und vermeintlich darauf trainierte Tools teilweise scheitern, hat nun ein Test im Sat.1-Frühstücksfernsehen gezeigt. Ein Tool der Verbraucherzentrale scheiterte daran, einen eigens für die Sendung ins Netz gestellten Fakeshop zu erkennen. Brisant: Das Erstellen des Shops habe gerade einmal zwei bis drei Stunden gedauert, berichtet der für den Test verantwortliche „Sat1 Spardetektiv“ Daniel Engelbarts. Er berichtete in der Sendung von seinem Experiment, gab aber gleichzeitig auch Tipps, wie du dich vor Fakeshops schützen kannst.

Fakeshop-Finder der Verbraucherschützer überlistet

Das Problem an Fakeshops: Sie wirken oft seriös und lassen selten an ihrer Echtheit zweifeln. Mit gut kopierten Produktbildern und Informationen aus dem Internet sowie einem professionellen Erscheinungsbild gewinnen Fakeshops das Vertrauen der Online-Käufer und verleiten sie dadurch zum Kauf.

Ein weiteres Lockmittel ist der scheinbar besonders günstige Preis des gesuchten Produkts. Das ist gleichzeitig der wichtigste Indikator für dich, einen Fakeshop zu entlarven, so Engelbarts. „Es darf kein unrealistisch günstiger Preis sein“, so der Experte. Er warnte auch davor, auf Werbung zu vertrauen, da die Fakeshops über Anzeigen in sozialen Netzwerken auf sich aufmerksam machen. Der gesunde Menschenverstand dürfe nicht ausgeschaltet werden. „Wenn es ein wirklich gutes und reales Angebot ist, dann berichten auch bekannte News- und Dealseiten über das Angebot.“ Reine Preissuchmaschinen und Werbung auf TikTok und Co. seien nicht ausreichend. Der Verbraucherexperte warnte zudem davor, per Vorkasse bzw. Überweisung zu bezahlen. „Das Geld ist weg!“. Bei anderen Zahlungswegen wie Paypal, Lastschrift oder Kreditkarte hingegen kannst du es dir zurückholen, wenn du Opfer von Betrügern geworden bist.

Ergebnis des Fake-Shop-Finders für den Sat1-Fakeshop. Die URL haben wir aus rechtlichen Gründen geschwärzt.

Experte: „Das Tool ist nicht zu gebrauchen und sogar gefährlich“

Der Fakeshop des Experten wirkt auf den ersten Blick täuschend echt. In der unserer Redaktion bekannten Seite kannst du beispielsweise ein iPhone 15 128 GB in Schwarz für 599 Euro kaufen – vermeintlich. Das ist 140 Euro unter dem Marktpreis seriöser und bekannter Händler und sollte dich aufmerken lassen. Dem Fakeshop-Finder der Verbraucherzentrale kam das nicht merkwürdig vor. Genauso wenig wie die nicht verschlüsselte Internetadresse (kein https) und die Umleitung per http-301-Befehl auf eine zweifelhafte Subdomain. „Keine Anzeichen für einen Fakeshop gefunden“ meldete das Tool unter Berufung auf ein Impressum, eine Telefonnummer und eine Umsatzsteuernummer (allesamt von der Seven.One Entertainment Group, also Sat.1) sowie dem Indiz, dass die Webseite in Deutschland gehostet ist. Lediglich der Hinweis, dass die .de-Domain erst seit zwei Tagen registriert ist, war dem Fakeshop-Finder eine Warnung wert.

Erst nach einer Anfrage von inside digital reagierten die Verbraucherschützer. Die erwähnte Subdomain gibt seitdem eine Warnung heraus, die vermeintlich beworbene .de-Domain weiterhin nicht. „Da sieht man leider, wie ungenau dieser Finder anscheinend mit unbekannten Fakeshops umgeht. Somit ist das Tool leider nicht zu gebrauchen und eigentlich sogar gefährlich!“, warnt Engelbarts im Gespräch mit inside digital.

Das sagt die Verbraucherzentrale

Bei der Verbraucherzentrale gibt man sich entspannter. Der Fakeshop-Finder sei kein fertiges Tool, sondern werde stetig weiterentwickelt. Das Tool crawlt mit einem spezialisierten Bot das deutschsprachige Internet nach Shopseiten ab und analysiert die gefundenen Seiten mit einer Vielzahl von Instrumenten. Dabei werde beispielsweise das Impressum gesucht und die dort gefundenen Daten werden mit Handelsregistereinträgen abgeglichen, eine gefundene Umsatzsteuer-ID wird auf Gültigkeit geprüft, verwendete Siegel werden auf Echtheit geprüft. „Wir prüfen auch auf Kriterien, die mit bloßem Auge nicht erkennbar sind, beispielsweise bestimmte Fakeshop-typische Auffälligkeiten im Quellcode der Website. Diese Daten werden zueinander in Beziehung gesetzt und es wird eine Wahrscheinlichkeit ermittelt, mit der die geprüfte Seite ein Fakeshop ist oder nicht“, heißt es vom Leiter des Tools in einer Stellungnahme gegenüber inside digital.

„Der Sat.1-Fakeshop ist auf die meisten dieser Kriterien hin optimiert, um unsere Prüf-Mechanismen zu umgehen“, gesteht man ein. Die Erklärung: „Der Shop liegt als Subdomain auf einer sehr alten Domain, was für echte Fakeshops unüblich ist. Er ist mit einem echten Impressum und echter Umsatzsteuer-ID ausgestattet worden, um hier möglichst unauffällig zu sein.“ Die allermeisten Fakeshops operieren aus dem außereuropäischen Raum und werden automatisiert auf Masse erzeugt, so die Verbraucherschützer. „Es setzt sich in der Realität niemand hin und baut einen Fakeshop, der explizit darauf ausgelegt ist, mit solchen Optimierungen unsere Prüfmechanismen zu umgehen. Das ist also ein Test sozusagen unter „Labor-Bedingungen“ und unserer Ansicht nach nicht realistisch.“ Man verweist auch darauf, dass der Shop „eigentlich nur eine Kulisse“ sei, da kein Geld transferiert werde. Gerade das sei aber für echte Fakeshop-Betreiber eine Herausforderung.

Den Verbraucherschützern liegen nach eigenen Bekunden keine Beschwerden von Verbrauchern vor, die nach der Nutzung des Tools auf einen Fakeshop reingefallen sind. Aktuell werde der Fakeshop-Finder 300.000 Mal pro Monat genutzt und erkenne etwa 1.600 neue Fake-Shops pro Monat. Bei realen Fakeshops geht man von einer Erkennungswahrscheinlichkeit von 90 Prozent aus.

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