Sie sind regelmäßig bei großen Supermarktketten wie Aldi oder Lidl im Angebot: E-Bikes und klassische Fahrräder des deutschen Herstellers Prophete. Seit einigen Tagen ist die Stimmung in der Zentrale im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück aber angespannt. Denn Prophete musste Ende vergangenen Jahres überraschend Insolvenz anmelden. Jetzt hat der Hersteller mit mehr als 100-jähriger Tradition sich über den zuständigen Insolvenzverwalter näher zu den Gründen geäußert. Und auch die Suche nach Investoren kommt offenbar gut voran.
Mehrere Interessenten für insolventen Fahrradhersteller Prophete
Mehrere Parteien hätten bereits Interesse an Prophete signalisiert. „Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, für Prophete eine zukunftsfähige Investorenlösung zu finden“, sagt der vorläufige Insolvenzverwalter Manuel Sack von der bundesweit tätigen Kanzlei Brinkmann & Partner. Schon in Kürze ist vorgesehen, eine breite internationale Marktansprache zu initiieren und erste konkrete Gespräche mit potenziellen Geldgebern zu führen. Angedacht ist, den Verkaufsprozess schon bis Ende Februar abzuschließen. Bis dahin sei sichergestellt, dass die rund 460 Mitarbeiter ihr Gehalt erhalten.
Auch zu den Gründen, wie Prophete als einer der größten Fahrradhersteller Deutschlands in die Insolvenz rutschen konnte, gibt es neue Erkenntnisse. Insolvenzverwalter Sack erklärt: „Am 25. November vergangenen Jahres wurde Prophete Opfer eines Cyberangriffs. Der Angriff führte im Ergebnis dazu, dass für rund drei Wochen keinerlei Produktion, Rechnungsstellung und Auslieferungen erfolgen konnten. Die dadurch entstandenen Verluste wollte niemand mehr tragen.“
Der Hackerangriff sei von der Geschäftsleitung sofort dem Landeskriminalamt und der zuständigen Datenschutzbehörde gemeldet worden. Ob auch eine Lösegeldforderung für gekaperte Computersysteme Teil des Hackerangriffs war, möchte Prophete unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen und Untersuchungen nicht verraten.
Finanzielle Probleme gab es offenbar schon vor dem Hackerangriff
Offenbar war eine gewisse finanzielle Schieflage bei dem mittelständischen Familienunternehmen aber auch schon vor dem Hackerangriff gegeben. „Es hat erhebliche Probleme in der Beschaffung gegeben, was sich wiederum auf Absatz und Umsatz ausgewirkt hat“, erklärt Sack. „Bestimmte Komponenten zur Fertigstellung der Fahrräder, die überwiegend von Lieferanten aus Fernost kommen, sind nicht rechtzeitig und nicht in ausreichender Menge verfügbar gewesen.“ Außerdem hätten hohe Lagerbestände weitere Kosten verursacht.
Vor diesem Hintergrund könnte der Hackerangriff eine bevorstehende Insolvenz von Prophete lediglich beschleunigt haben. Der Fall zeigt aber auch, dass Unternehmen mehr denn je Geld in die Hand nehmen müssen, um die eigenen Computersysteme zu schützen. Denn die arglistige Machenschaft, dass Hacker Server oder Computer kapern und sämtliche darauf gespeicherten Inhalte nur gegen eine Art Lösegeld wieder freigeben, hat auch schon ganz andere Unternehmen getroffen. Etwa den Energieanbieter Entega oder den Sozialdienst Caritas. Auch die Universität Duisburg-Essen hatte im vergangenen Jahr mit ähnlichen Problemen zu kämpfen.