Für die Folgen fehlerhafter Produkte in der Europäischen Union (EU) müssen Hersteller, sofern es in ihrem Verschulden liegt, haften. Allerdings stammte die Richtlinie für die Haftung bei fehlerhaften Produkten aus dem Jahr 1985 und galt damit als veraltet. Eine im Oktober verabschiedete Aktualisierung ist endgültig in Kraft getreten und muss von den einzelnen EU-Staaten in nationales Recht überführt werden.
Dabei galt das Hauptaugenmerk der Frage, was ein Produkt ist. Der Begriff wird ab sofort weiter gefasst und räumt insbesondere der Software einen wesentlich größeren Stellenwert ein als bisher. Sie zählt künftig auch dann als Produkt, wenn sie mit Hilfe von Cloud-Technologien, etwa als Software-as-a-Service, zur Verfügung gestellt wird. Auch die Angebote rund um Künstliche Intelligenz sind nun Teil der Richtlinien zur Produkthaftung. Selbst der Kreislaufwirtschaft, die künftig eine bedeutende Rolle spielen soll, wurde bereits Rechnung getragen. Ein wesentlich verändertes Produkts wird nun als ein neues angesehen.
Nicht nur Software, auch damit verbundene Produkte
Daneben wird auf die Verbindung zwischen Hard- und Software ein größeres Augenmerk gelegt. Das beginnt schon bei digitalen Anleitungen, mit denen am 3D-Drucker bestimmte Formen erzeugt werden können. Schon sie gelten als Produkte, für deren Fehler im Zweifelsfall der Anbieter haften muss.
Entscheidender ist jedoch, dass die Haftungsregelungen auch dann gelten, wenn Software oder digitale Dienste mit physischen Produkten verknüpft werden. In vielen Fällen ist die Integration derart tiefgreifend, dass ein Produkt ohne den Dienst nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt betrieben werden kann. Dazu zählen beispielsweise auf Sensoren gestützte Überwachungssysteme, die schon in Wearbles stecken, oder Smart-Home-Applikationen. Nach Vorstellung der Europäischen Kommission, die die neugestaltete Richtlinie auf den Weg gebracht hat, soll die Software in einem solchen Fall als Komponente eines Produktes angesehen werden.
Der Anbieter kann selbst dann für Fehler haftbar gemacht werden, wenn er die Software gar nicht selbst erstellt hat. Es genügt, wenn er die Dienste mit seinem Produkt verknüpft und die Kontrolle über diese hat. Das gilt auch bei Software-Updates und -Upgrades. Ist ein Hersteller bzw. ein von ihm beauftragter Dritter in der Lage, diese auszuliefern, dann ist er auch für daraus resultierende Fehler haftbar.
Wenn der jeweilige Hersteller keinen Sitz in der Europäischen Union hat, sehen die EU-Beamten den Importeur bzw. den Bevollmächtigten in der Verantwortung, der für die Einhaltung der Rechtsvorschriften in der EU, etwa mit Blick auf Produktsicherheit und Marktüberwachung benannt wurde.
Die neue Regelung schützt Open-Source-Entwicklungen
Weitsicht beweist die neue Richtlinie der EU bei der Bewertung von Software, die nach dem Open-Source-Prinzip bereitgestellt wird. Softwareentwicklungen, die auf diesem Prinzip fußen, stehen jedem Interessierten zur Verwendung, aber auch zur Weiterentwicklung und Weitergabe offen. Sie erfüllt damit zunächst nicht die Anforderungen, die an ein Produkt im Sinne der Richtlinie gestellt werden.
Dennoch kann auch Open-Source-Software unter die neuen Haftungsbestimmungen fallen. Diese gelten etwa dann, wenn die Software als Produkt angeboten wird oder Teil eines Produktes ist.