Die Gasspeicher in Deutschland sind auf einen neuen Tiefpunkt gefallen. Zurzeit sind sie lediglich zu rund 28 Prozent gefüllt. Im März 2024 hingegen waren sie noch auf einem soliden Füllstand von rund 66 Prozent. Mehr als doppelt so viel, wie sich nach den kalten Wintermonaten jetzt in den Speichern befinden. In ganz Europa zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, weshalb sich eine drohende Gaspreis-Erhöhung am Horizont abzeichnete. Jetzt könnte sich ausgerechnet der US-China-Handelskrieg als größter Segen für Europas Gassituation herausstellen.
So stoppte Trump-Regierung unabsichtlich Europas Gaspreisexplosion
Tatsächlich profitieren wir derzeit von einer Wende am internationalen Gasmarkt, die zu keinem besseren Zeitpunkt kommen könnte. Denn in den kommenden Monaten könnte deutlich mehr Gas auf den europäischen Markt strömen, was den Gaspreis nicht nur stabilisieren, sondern im besten Fall sogar senken könnte. Um Pekings Strafzölle auf Gas-Importe aus den US zu umgehen, schiffen Händler die Lieferungen stattdessen nach Europa. Seit bereits 40 Tagen hat China keinerlei Flüssigerdgas mehr aus den USA eingeführt. Es befinden sich auch keine weiteren US-Lieferungen auf dem Weg nach China. Damit stellt diese Importunterbrechung zugleich die längste seit Juni 2023 dar. Der Handelskrieg, den die Trump-Regierung heraufbeschworen hat, scheint die Handelsbeziehungen zwischen dem größten LNG-Verkäufer und dem größten Abnehmer vorerst eingefroren zu haben. Seit dem 10. Februar gelten in Peking Strafzölle von 15 Prozent auf Flüssiggas-Lieferungen aus den USA. Sie sind eine Reaktion auf die pauschalen amerikanischen Strafzölle auf chinesische Exporte.
Für Europa erweist sich diese Wende als regelrechter Segen. Denn sämtliche chinesischen Gaskäufer, die durch langfristige Verpflichtungen an US-Projekte gebunden sind, leiten die Lieferungen nun stattdessen nach Europa weiter. Neue Verträge zwischen den US-Unternehmen und der Volksrepublik zeichnen sich unter diesen Bedingungen nicht ab. Vielmehr scheint sich China nach alternativen Handelspartnern umzusehen, um ihr Flüssiggas aus dem Nahen Osten oder dem asiatisch-pazifischen Raum zu beziehen. So schloss die Volksrepublik etwa einen Vertrag ab 2027 über 15 Jahre mit der Woodside Energy Group aus Australien ab. Solange die Strafzölle in Kraft bleiben, kann sich Europa über weitere günstige Gaslieferungen freuen. Der altbekannte Spruch ‚Wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte‘ könnte die Situation somit kaum besser zusammenfassen.
Europas erste Maßnahmen stabilisierten den Gaspreis bereits
Schon vor den Importen chinesischer Großhändler gab es erste Anzeichen für eine Entspannung der Gaspreise. Die Europäische Union hatte bereits Pläne zur Anpassung der europäischen Speicherziele angekündigt. Gemeinsam mit Spekulationen darüber, dass Europa zu einem möglichen Bezug von russischem Pipelinegas zurückkehren könnte, drückte das die Spotpreise am Gasmarkt herunter. Unter bestimmten Bedingungen dürfen die Länder Europas ihre Gasspeicher zukünftig bis zum 1. Dezember füllen. Durch diese Fristverlängerung will man die Nachfrage aller europäischen Länder mit ihren derzeit geleerten Gasspeicher entzerren und die Preise so langfristig stabilisieren.
In Deutschland zahlen Industrie und Haushalte zudem bereits eine Abgabe zur Deckung der Kosten für die Wiederbefüllung der Speicher. Die Maßnahme wurde ursprünglich während der Energiekrise eingeführt, um Engpässe in der Versorgung auszuschließen. Aktuell gibt es keine Engpässe, die sich abzeichnen, aber die Gelder helfen dennoch bei einer langfristigen Planung und somit einer durchschnittlichen Preisstabilisierung. In Kombination mit den zusätzlichen Flüssiggasimporten chinesischer Händler dürfte eine Entspannung der Gaspreise sowie eine mögliche Senkung der Preise auf uns zukommen.