Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) soll das Gesundheitswesen in Deutschland einen modernen, digitalen Anstrich bekommen, die klassische Karte der Krankenkassen fällt weg. Der Zugriff behandelnder Ärzte auf bereits vorhandene Informationen zu einem Patienten soll leichter und Diagnosen schneller möglich werden. Noch vor der eigentlichen Einführung zeigen sich bereits erste Veränderungen. In den Praxen der Ärzte müssen keine Rezepte mehr auf Papier gedruckt werden, diese landen jetzt direkt auf den Versichertenkarten der Patienten. Doch “rund” läuft der Start der digitalisierten Patientenakte längst nicht.
Eigentlich sollten die neuen Möglichkeiten nach einem kurzen Test in 300 Arztpraxen, Kliniken und Apotheken, der in Modellregionen ab dem 15. Januar durchgeführt wurde, bereits Mitte Februar in ganz Deutschland zur Verfügung stehen. Die Einführung wurde allerdings bis jetzt verschoben – und Ärzte fordern weiteren Aufschub.
Offenbar sind die Probleme bei der ePA noch groß. Die stellvertretende Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, Caroline Roos, empfiehlt gegenüber der Apotheken-Umschau sogar eine Ausweitung des Tests auf weitere Praxen, Leistungserbringer und Softwaresysteme, und das über mehrere Monate hinweg.
ePA mit Aussetzern im täglichen Betrieb
Als Grund hierfür werden die großen Probleme während des zunächst geplanten Testzeitraums genannt. Zahlreiche der an dem Test teilnehmenden Arztpraxen konnten aufgrund eines fehlenden Updates der Software erst mit erheblichen Verzögerungen auf die ePA zugreifen. In Hamburg sollen 20 Prozent der Ärzte erst nach acht Wochen Zugriff erhalten haben. Aus anderen Regionen, in denen die digitale Akte versuchsweise ausprobiert wurde, wurden ähnliche Probleme gemeldet.
Darüber hinaus scheint es bei wichtigen Funktionen an der nötigen Zuverlässigkeit zu mangeln. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) musste etwa feststellen, dass das digitale Aktensystem immer wieder unter Aussetzern litt. Auch beim Zugriff auf Dokumente im PDF-Format, etwa auf Befunde, traten Probleme auf. Zudem klagte die Hälfte der Praxen, dass eine parallele Nutzung des Praxisverwaltungssystems nicht möglich war.
Aufgezeigte Sicherheitslücken noch nicht beseitigt?
Aus dem Umfeld der Testenden werden jedoch nicht nur die Probleme im Betrieb bemängelt. Sie fürchten auch um die Sicherheit ihrer Patienten – und fühlen sich hierin durch eher schwammige Aussagen aus dem zuständigen Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bestätigt. Im Dezember 2024 hatte der Chaos Computer Club auf große Mängel hinsichtlich der Sicherheit der elektronischen Patientenakte aufmerksam gemacht. Die Sicherheitsexperten konnten zeigen, dass man mit geringem Aufwand an die Daten der Versicherten gelangt.
Unklar ist jedoch, ob die Sicherheitslücken bisher behoben wurden. Die Aussagen aus dem BMG dazu sind schwammig. Demnach würden die Lücken ernst genommen und technische Lösungen, um diese zu beseitigen, seien von der mit der Umsetzung betrauten Gematik GmbH entwickelt worden. Weitere Maßnahmen sollen bis zum bundesweiten Start implementiert werden.
Vertrauen wird mit solchen Ankündigungen allerdings nicht geschaffen. Vermutlich dürften viele der Versicherten von der Möglichkeit Gebrauch machen, der Akte zu widersprechen.