Energieunternehmen verklagen den Staat: Das ist der Grund

4 Min. Lesezeit in Pocket speichern
Einige Energieunternehmen haben genug von einem Vorgehen der staatlichen Behörden, das ihnen hohe Kosten verursacht. Deutsche Gerichte müssen sich nun mit zahlreichen Klagen gegen den Staat befassen. Besonders viele Probleme haben die Firmen dabei in Mecklenburg-Vorpommern.
Energieunternehmen verklagen den Staat – das ist der Grund

Energieunternehmen verklagen den Staat – das ist der Grund

Deutsche Gerichte müssen sich jetzt vermehrt mit Klagen von Energiekonzernen befassen, die sich gegen verschleppte Genehmigungsverfahren der Behörden wehren. Laut Nachrichtenagenturen gibt es mittlerweile mindestens 30 solcher Untätigkeitsklagen von Firmen gegen Behörden. Mecklenburg-Vorpommern führt mit 19 Fällen allein in diesem Bundesland einen traurigen Rekord an. Aktuell stecken Anträge für rund 1.000 Windräder unbearbeitet bei zahlreichen staatlichen Ämtern fest. Den Firmen reicht es nun mit den Wartezeiten, die ihnen selbst hohe Kosten verursachen und verklagen den Staat.

Energieunternehmen verklagen Staat wegen Genehmigungsstau

Seit Jahren warten zahlreiche geplante Windräder auf eine staatliche Entscheidung. Obwohl eigentlich Fristen von 7 Monaten Wartezeit gesetzlich vorgeschrieben sind, sieht die Realität viel düsterer aus. Bis zu 33 Monate müssen Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern darauf warten, dass über die geplanten Anlagen entschieden wird. Selbst unter Berücksichtigung der zusätzlichen 3 Monate Wartezeit, die staatliche Behörden mit Begründungen erwirken können, sind das beinahe 2 Jahre zu viel. Laut Studien ist lediglich das Bundesland Hessen in seinen Entscheidungen noch langsamer. Ähnlich bedenklich fallen die Wartezeiten in Brandenburg und Sachsen aus, wo Unternehmen besonders lange auf eine Genehmigung warten müssen. Die schiere Masse an 1.000 Windrädern in der Schwebe im Antragsverfahren ist damit höher als die gesamte Anzahl der erteilten Genehmigungen im Vorjahr. Es ist somit unwahrscheinlich, dass der „Genehmigungsstau“ von behördlicher Seite zügig korrigiert werden kann.

Der Bundesverband Windenergie (BWE) sieht zudem wenig Hoffnung dafür, dass sich die Genehmigungsverfahren durch die Klagen beschleunigen. „Gerichtsverfahren dauern immer noch relativ lange, sodass Untätigkeitsklagen nicht unbedingt zu einer schnelleren Genehmigung führen“, äußerte sich der Verband gegenüber der Tagesschau. Ebenso fehlen nachhaltigen Folgen für die Untätigkeit von Behörden. Eine mögliche Maßnahme könnte ein pauschaler Schadensersatz für Verzögerungen sein. Da Gerichte jedoch bereits jetzt häufig unterbesetzt sind, dürfte die Bearbeitung der Klagen ähnlich lange Wartezeiten mit sich bringen. Nach bundesweiten Auswertungen des BWE zeigt sich jedoch ein kleiner Aufwind bei der Erteilung von Genehmigungsverfahren. Im ersten Quartal dieses Jahres genehmigte man 295 Anlagen. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres konnten lediglich 213 Anlagen die Genehmigung einhalten. Dieser Anstieg von rund 38 Prozent mehr genehmigten Windrädern ist zwar positiv. Laut BWE ist es jedoch bedenklich, „dass Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen trotz guter Voraussetzungen hinterherhinken“.

80 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 geplant

Die Bundesregierung möchte den Anteil der erneuerbaren Energien im Stromnetz bis 2030 auf 80 Prozent anheben. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müsste der Ausbau der Windkraftanlagen zügiger vorangehen. Zwar konnte das diesjährige Ausbauziel für Solarenergie dafür schon drei Monate früher erreicht werden, das allein genügt jedoch nicht, um Verzögerungen in anderen Bereichen abzufangen. Schon jetzt wird es deutlich, dass das angedachte Ausbauziel für Windenergie bis 2024 nicht mehr eingehalten werden kann. 69 Gigawatt Leistung bis 2024 war angedacht, Prognosen gehen davon aus, dass nur 66 Gigawatt bis dahin erreicht werden. Eine Lücke von 3 Gigawatt mag sich im ersten Moment „gering“ anhören, spiegelt jedoch deutlich den aktuellen Genehmigungsstau wider, den Energieunternehmen von Behörden erfahren.

Für diese 3 Gigawatt müsste man nämlich 842 der derzeit üblichen Windräder an Land aufstellen. Von denen sich 1.000 bereits im Bau befinden könnten, wenn die Anträge eine schnellere Bearbeitung erfahren würden. Noch deutlicher wird die Verfehlung der Ziele, wenn man sich die gesamte, geplante Installation für das Jahr anschaut. 2023 startete man bereits mit 58 Gigawatt Leistung an Windkraft. Für das gesamte Jahr war somit ein Zuwachs von 11 Gigawatt mehr angesetzt. 3 Gigawatt Leistung von 11 bedeutet, dass man mehr als ein Viertel der angedachten Menge an Windrädern nicht erfolgreich in Betrieb genommen hat. Ändert sich an diesem Genehmigungsdilemma nichts, können auch künftige Zwischenziele kaum eingehalten.  

Keine Kommentare

[-AMP Version-]