Bahn mit großen Plänen: So könnte die Bahn 5 Atomkraftwerke ersetzen

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Das Schienennetz der Deutschen Bahn könnte das Energiepotenzial von fünf Atomkraftwerken bieten, wenn die Zwischenräume der Gleise mit ausreichend Solarpaneelen ausgelegt würden. Sind das die ersehnten guten Nachrichten für die Energiewende? Noch bleiben einige Fragen offen.
Energiepotenzial von fünf Atomkraftwerken schlummert zwischen den Schienen der Deutsche Bahn
Energiepotenzial von fünf Atomkraftwerken schlummert zwischen den Schienen der Deutsche BahnBildquelle: Photo by Jake Weirick on Unsplash

Der langjährige Testlauf eines Energieunternehmens lässt auf einen möglichen Energielieferanten zwischen den Gleisen der Deutschen Bahn hoffen. Insgesamt bietet das rund 61.000 Kilometer lange Schienennetz das Energiepotenzial von fünf Atomkraftwerken. Alles, was dafür nötig sein soll, sind Solarpaneele, die zwischen den einzelnen Schienenteilen verlegt werden. In der Theorie klingt dies nach der kreativen Nutzung einer ohnehin schon genutzten Fläche, die viele Probleme lösen könnte. Aber kann die Antwort auf die Suche nach erneuerbaren Energiequellen wirklich so einfach sein?

Energiepotenzial von fünf Atomkraftwerken: Ein andauernder Belastungstest

Das Unternehmen Bankset Energy hat mit der Testung der Erschließung des deutschen Schienennetzes für die Solarstromproduktion bereits im Jahr 2018 begonnen. Ursprünglich installierte der Investor die ersten Module auf einem privaten Schienenweg in der Nähe von Bern. Im Juni 2018 folgten schließlich die ersten Arbeiten in Sachsen. Hier sollten die installierten Solarmodule eine Gesamtleistung von 200 Megawatt auf einer Gleislänge von 1.000 Kilometern erreichen. Bis 2022 wollte man eine Ausdehnung auf bis zu 10.000 Kilometer Schienenweg in die Wege leiten. Laut Angaben des Unternehmens gegenüber pv magazine arbeitete man auch an ähnlichen Projekten in Großbritannien, Frankreich, USA, China und Italien.

Nun sind wir im Jahr 2022 angekommen. Im Süden von Sachsen, an einem Ort kurz vor der tschechischen Grenze, wird ein stillgelegter Bahnhof für die weiteren Testläufe des Unternehmens genutzt. Zwischen den einzelnen Schienen liegen Photovoltaik-Module, die das Licht der Sonne einfangen und zum ersehnten Strom umwandeln. Um die Langlebigkeit der Konstruktion auszutesten, fährt einmal pro Tag ein Zug darüber. Laut Angaben der Firma Bankset gegenüber der Süddeutschen Zeitung laufen die Tests bisher ohne Probleme. Könnte man hier also ein ungenutztes Energiepotenzial erschließen?

Ungenutztes Potenzial: Schienennetz der Deutschen Bahn als Lösung für die Energiewende?

Bankset sieht in dem Schienennetz der Deutschen Bahn ein großes ungenutztes Potenzial, um erneuerbare Energie zu erzeugen. Laut Schätzungen des Unternehmens könnte man pro Kilometer 0,1 Megawatt Strom mit einer Konstruktion wie der auf dem Testgelände erzeugen. Rechnet man diese Werte auf das gesamte Gleisnetz der Deutschen Bahn hoch, wäre die Anwendungsfläche enorm. Insgesamt liegen in Deutschland nämlich rund 61.000 Kilometer Schienen verlegt, die im Extremfall auf die Leistung von fünf Atomkraftwerken kämen. Für den Ausbau der erneuerbaren Energien wären das die idealen Aussichten. Die vielen Fragen darüber, welche Flächen man wo für die weitere Erschließung erneuerbarer Energien nutzen kann, wären hinfällig. Insgesamt testet das Unternehmen nun schon seit vielen Jahren an der zukunftsträchtigen Technologie. Nach Angaben von Bankset sollen die Tests bisher sehr effizient und sicher laufen, sodass das Unternehmen für einen Ausbau bereitstünde.

Bisher ist der Ausbau jedoch nicht weiter erfolgt. Woran genau das liegt, ist bisher undurchsichtig. Weder das Unternehmen selbst noch die Deutsche Bahn wollten gegenüber der Süddeutschen Zeitung explizite Angaben dazu machen, ob und in welcher Form ein künftiger Ausbau auf dem Schienennetz erfolgen würde. Das kann jedoch unterschiedliche Gründe haben. Da bekannt ist, dass die Deutsche Bahn selbst bis zum Jahr 2038 ausschließlich Ökostrom nutzen will, ist es möglich, dass das Unternehmen eigene Pläne für das Nutzungspotenzial seiner Strecken besitzt. Bisher hält sich die Deutsche Bahn nämlich bewusst mit Angaben zur eigenen Energieerzeugung bedeckt.

Energiepotenzial von fünf Atomkraftwerken: Prüfung durch TÜV Rheinland läuft

Die Prüforganisation TÜV Rheinland untersucht im Auftrag des Eisenbahn-Bundesamtes, welches Potenzial Photovoltaik-Anlagen an und auf Bahnanlagen besitzen. Um eine eigene Einschätzung zu gewinnen, wie viel Energie effektiv mit den Anlagen der Deutschen Bahn genutzt werden könnte, untersucht der TÜV mehrere Firmen in einer Studie. Diese läuft seit Dezember 2021 und ist auf insgesamt 14 Monate angelegt, weshalb noch keine näheren Ergebnisse vorliegen. Bankset und die Teststrecke des Unternehmens sollen jedoch Teil der Studie sein. Zu den weiteren Firmen, die der TÜV für eine Gesamtbilanz untersucht, gehört das italienische Unternehmen Greenrail. Dieses stellt Bahnschwellen aus recycelten Autoreifen her und stattet sie ebenso mit Solarzellen aus. Verschiedene Unternehmen versuchen also diverse Ansätze, um das große Streckennetz in Ländern für die Energiegewinnung nutzbar zu machen.

Inwieweit die Technologien jedoch tatsächlich nutzbar werden, bleibt noch offen. Die Bedingungen auf der Teststrecke in Sachsen mögen erste Hinweise auf das Verhalten von Solarmodulen bei Belastungen liefern, sind jedoch mit dem Zugverkehr auf aktiv genutzten Schienen nicht zu vergleichen. Hier würden deutlich häufiger und auch schnellere Züge die Module täglich passieren. Auch die Witterungsbedingungen oder etwaige Beschädigungen durch Verschmutzungen auf den Gleisen müssten berücksichtigt werden. Das mag einer der Gründe sein, warum sich die Deutsche Bahn bisher nicht konkret für Ausbaupläne der Technologie entschieden hat. Letztlich bleibt nur abzuwarten, ob und in welcher Form die Schienennetze künftig für zusätzlichen Strom in Deutschland sorgen werden.

Mitreden

3 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Florian

    Die Idee ist absoluter Schwachsinn, denn zum einen würden die Platten gerade auf unbefahreneren Strecke innerhalb kurzer Zeit geklaut werden und zum anderen würden Sanierungen deutlich länger dauern, da die maschinellen Schwellenwechsel damit nicht funktionieren. Dazu kommen Probleme durch Dreck, Schotterflug und lose Kupplungen die am Boden schleifen und mal eben hunderte Module auf einmal kaputt machen würden.

    Sinnvoller wäre es einfach an jedem Bahnhof die Dächer vollzupacken und z.B. dort wo aktuell noch keine Bahnsteigdächer stehen welche aus Solarmodulen zu bauen.

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  2. Nutzerbild Bernd

    Die Solardiebe hätten Hochkonjuktur. Und wer reinigt die ganzen Strecken? , denn verstaubte und verdreckte Platten liefern keinen Strom. Und dann diese unzähligen Trittbrettfahrer die Regen Zulauf haben werden, wenn in den Nachrichten wieder Meldungen verbreitet werden, wenn Randalierer diese Platten zerstört haben . Es wäre ein finanzielles Massengrab. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es einen bei der Bahn gibt, der diese Idee für ernst nimmt. Es wäre eine gute Gelegenheit, solch eine Meldung zum 1. April zu bringen.

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  3. Nutzerbild Klaus

    Der Witz ist alt. Es gibt schon zig Beispiele, aus vielen Ländern, wo „versuchsweise“ ein Streckenabschnitt (Radweg, Strasse, Fussweg) mit Solarmodulen belegt wurden. Da denkt immer mal wieder ein Lokalpolitiker er kann sich grünwaschen, und schmeisst ein paar hundert tausend bis millionen Euro zum Fenster raus. Alle diese Versuche sind kläglich gescheitert, die Module sind nach wenigen Tagen! ausgefallen, verschmutzt, zerbrochen, Wasserschaden, und nach kurzer Zeit war die Strecke nicht mehr sicher nutzbar und wurde gesperrt.

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