Mobilfunknetze zu betreiben, ist eine komplexe Angelegenheit. Wie gut die Netze funktionieren, ist auch davon abhängig, welche Frequenzen die Netzbetreiber nutzen können. So haben wir erst kürzlich gezeigt, dass du mit 5G nicht nur in der Regel schnelleres Internet bekommst, sondern auch einen besseren Handyempfang bekommen kannst. Der Grund: Es kommen andere Frequenzen zum Einsatz. Ähnlich ist es auch beim Internet und Handy in der Bahn: Nur mit den richtigen Frequenzen kann die Versorgung funktionieren und Internet im Zug ist nutzbar. Bislang durften die Netzbetreiber aber bestimmte Frequenzen nicht in der Nähe der Bahngleise einsetzen. Insbesondere für Fernverkehrsstrecken war das ein Problem. Damit ist jetzt aber Schluss.
Schutzabstand von 4 Kilometern verhinderte besseres Internet im Zug
Mit einigen Jahren Verspätung dürfen die Netzbetreiber jetzt Frequenzen um 900 MHz nutzen, um LTE in die Züge zu senden. Bislang gab es einen Schutzabstand von vier Kilometern, den Telekom, Vodafone und O2 einhalten mussten. Dabei war das besonders auf Fernverkehrsstrecken ärgerlich, da die 900-MHz-Frequenzen sehr gute flächendeckende Eigenschaften haben und somit wenige Sendemasten ausreichen, um eine große Fläche zu versorgen. 1&1 betrifft diese Maßnahme übrigens nicht, da sie keine Frequenzen im 900-MHz-Bereich nutzen können.
Der Grund für das Verbot der Nutzung war der Bahnfunk GSM-R. Nicht jedes Funkgerät war ausreichend geschützt gegen LTE-Störungen auf den fraglichen Frequenzen. Der Zugfunk nutzt direkte Nachbarfrequenzen und so drohten Funkgeräte auszufallen. Ohne ein funktionsfähiges GSM-R-Funkgerät darf aber auf deutschen Gleisen kein Zug rollen. Dank eines Förderprogramms des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr wurden nun die letzten Funkgeräte umgerüstet. Damit dürfen die drei Mobilfunker mit 900-MHz-Frequenzen diese nun an nahezu allen Standorten entlang der Bahnstrecken einsetzen.
Umsetzung kann kurzfristig erfolgen
„Das ist ein Durchbruch für die verbesserte Mobilfunkversorgung der Schienenwege in Deutschland“, sagt O2-Chef Markus Haas. „Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher werden nun von einer besseren Netzqualität und höheren Surfgeschwindigkeiten während ihrer Zugfahrten profitieren.“ O2 Telefónica kündigte an, das Netz entlang der Bahnstrecken kontinuierlich weiter auszubauen, um den steigenden Anforderungen an die Datennutzung im Zug gerecht zu werden. Auch von der Telekom heißt es, die Telekom könne nun mehr Kapazität auf rund 15.200 Streckenkilometern anbieten.
Die Netzbetreiber scheinen aber auf die Freigabe der Frequenzen vorbereitet zu sein. Das ist auch kein Wunder, schließlich hätte dies bereits vor zwei Jahren geschehen sollen. Die Freigabe wurde jedoch kurzfristig verschoben. Daher dürften die Netzbetreiber jetzt viele Standorte kurzfristig mit diesen neuen Frequenzen ausstatten. Von O2 heißt es, von dem verbesserten O2 Netz profitieren Reisende künftig unter anderem auf den Strecken Hannover – Halle/Leipzig, Erfurt – Würzburg, Nürnberg – Augsburg, Saarbrücken – Trier sowie im Ruhrgebiet und am Niederrhein.
Dadurch entstehen zusätzliche Netzkapazitäten, damit Kundinnen und Kunden im Zug noch besser mobil surfen und telefonieren können. Die Maßnahmen wirken dabei nicht nur für die Bahnversorgung positiv, sondern verbessern in vielen Fällen auch das Netz in urbanen Gebieten oder der Nähe von Straßen, so dass sie den Kunden in allen Lebenslagen zugutekommen.
Gigabit-Internet im Zug kommt
Die neuen Frequenzen werden allerdings keine Geschwindigkeitsrekorde auslösen. Die drei Netzbetreiber können jeweils ein Spektrum von 10 genauer gesagt 15 MHz nutzen. Neben LTE wird auch ein Grundangebot für das GSM-Netz auf diesen Frequenzen realisiert. Realistisch ist, dass je Netzbetreiber ein mittlerer zweistelliger Megabit-Wert pro Mobilfunkzelle zusätzlich bereitgestellt werden kann. Langfristig sollen in der Bahn aber Gigabit-Datenraten möglich werden. Dazu sollen entlang der Bahnstrecken 5G-Sendemasten aufgestellt werden. Im Rahmen der Generalsanierung der Strecke Berlin-Hamburg ab August dieses Jahres soll das auf einem ersten Abschnitt erfolgen. Über ein entsprechendes Pilotprojekt in Mecklenburg-Vorpommern hatten wir ausführlich berichtet.