Es war eines der Aufregerthemen der vergangenen Tage: Im Rhein vor den Toren von Köln liegen unzählige E-Scooter. Mutwillig hineingeworfenen – ohne Sinn und Verstand. Und niemand kümmert sich um den Elektroschrott. Aufgedeckt hat den Skandal der WDR. Und wir haben uns gefragt: Was kann man tun, um das Problem in den Griff zu bekommen? Schließlich geht von den elektrifizierten Tretrollern und vor allem von den verbauten Akkus eine enorme Umweltgefährdung aus. Vor allem durch potenziell austretende Chemikalien. Aus diesem Grund haben wir die betroffenen E-Scooter-Verleiher angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten. Das Ergebnis: Die Branche nimmt das Problem ernst und verspricht Besserung.
TIER: Wir räumen auf!
Einer der größten Anbieter in Deutschland ist TIER. Ein Unternehmenssprecher teilte gegenüber inside digital mit, dass man bereits mit anderen Anbietern an einer gemeinsamen Aufräumaktion arbeite. Man plane, die im Rhein liegenden E-Scooter zeitnah zu bergen. Fahrzeuge, die in Ufernähe liegen, will man in Eigenregie aus dem Wasser ziehen. Sofern dies mit der zur Verfügung stehenden Ausrüstung überhaupt möglich ist. „Leider ist dies nicht immer ohne zusätzliche Hilfe aufgrund der Position der E-Scooter und der unsererseits fehlenden Ausrüstung und Ausbildung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Bergung in schwierigen Wasserlagen möglich. Dafür benötigen wir dann bei der Bergung professionelle Unterstützung von Fachkräften.“
Wie viele Scooter tatsächlich in den Fluss zweckentfremdet wurden – der WDR berichtet allen unter der bekannten Hohenzollernbrücke unweit des Bahnhofs von mehreren Hundert – ließe sich nicht genau bestimmen, so der TIER-Sprecher weiter. Auch andere von inside digital befragte E-Scooter-Verleiher nennen keine konkreten Zahlen. Klar sei aber, dass Sachbeschädigung kein Kavaliersdelikt sei. Schwere Fälle von Vandalismus bringe man zur Anzeige. Schon allein vor dem Hintergrund, das die Anschaffung eines einzelnen E-Scooters mehrere Hundert Euro kostet, ist das auch im Interesse von Investoren ein logischer Schritt.
Bei TIER müht man sich aber auch, zu betonen, dass die meisten Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland grundsätzlich sorgfältiger mit den E-Scootern umgingen, als in anderen Ländern. Das ändert aber natürlich an der grundsätzlichen Problematik nichts. Auch Diebstahlsicherungen und Parkverbotszonen sorgen offenbar nur unzureichend dafür, dass die Scooter ausschließlich zum Transport von Personen Verwendung finden. Tier versucht zu beschwichtigen: „Auch das im Vergleich zu anderen E-Scootern höhere Gewicht unserer Modelle sowie die Blockierfunktion der Räder, wenn der E-Scooter parkt und nicht genutzt wird, wirkt sich positiv aus.“
Das sagen die anderen E-Scooter-Anbieter
Bolt, erst vor wenigen Tagen neu in Köln gestartet, hat nach eigenen Angaben keine Kenntnis darüber, dass schon ein E-Scooter des jungen Unternehmens im Rhein eine Ruhestätte fand. Gegenüber inside digital teilte der Anbieter schriftlich mit: „Wir haben eine breite Parkverbotszone entlang des Rheins und anderen Gewässern, um das Hineinwerfen von Rollen zu erschweren.“ Und Bolt weist noch auf ein weiteres Problem hin. Daten aus anderen Märkten sei zu entnehmen, dass E-Scooter nicht von Nutzerinnen und Nutzern in Flüsse geworfen werden. Dafür seien unbekannte Dritte verantwortlich.
Voi gibt an, technisch nachverfolgen zu können, von welchen E-Scootern kein Signal mehr ausgeht. Wichtig sei aber zu verstehen, dass ein Signalverlust nicht immer mit einer „Entsorgung“ in einem Gewässer einhergehe. „In 70 Prozent der Fälle ist es einfach nur ein technischer Fehler“, erklärte ein Sprecher gegenüber unserer Redaktion. Und weiter führte er aus, das während der gesamten Betriebszeit in Köln nur von 24 Rollern ein Signalverlust ausgegangen sei. „Keiner davon befand sich zum Zeitpunkt der letzten Signalabgabe in direkter Nähe zum Rhein.“ Obwohl man in Köln mit Blick auf die eigenen E-Scooter kein aktuelles Problem sehe, wolle man sich stellvertretend für die gesamte Branche aber engagieren und an der geplanten Bergungsaktion beteiligen.
Von Lime heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme: „Wir suchen gerade unter Hochdruck zusammen mit den anderen Scooter-Anbietern als Branche nach den besten Lösungen.“ Ähnlich äußert sich eine Sprecherin von SPIN. Das Vandalismusproblem um die im Rhein – oder auch anderen Flüssen – liegenden Scooter sei „sehr bedauerlich“. Lime und Spin verweisen in diesem Zusammenhang an den Interessenverband Plattform Shared Mobility (PSM), in dem sich neun führende urbane Mobilitätsanbieter zusammengeschlossen haben.
Branche will E-Scooter aus Flüssen bergen – nicht nur in Köln
PSM-Sprecher Christoph Egels, der auch Manager bei Voi ist, teilte inside digital in recht deutlichen Worten schriftlich mit: „Wir wollen alles dafür tun, um den Beitrag unserer Fahrzeuge zur Verkehrswende und zu mehr Umweltschutz, nicht durch den Vandalismus einiger weniger Chaoten Schaden nehmen zu lassen.“ Man habe für verantwortungsloses Handeln von Randalierern und Rowdies kein Verständnis und verfolge Fehlverhalten gemeinsam mit den örtlichen Behörden und der Polizei. Zur Wahrheit gehört aber wohl auch: Jene Personen am Ende tatsächlich ausfindig zu machen, die E-Scooter zum Beispiel von Brücken in Flüsse werfen, ist schwierig bis unmöglich.
Trotzdem will sich Egels nach eigenen Worten nicht geschlagen geben. Als Verband nehme man das Thema vor Ort in Köln sehr ernst. Man sehe sich klar mit in der Verantwortung, die Scooter schnellstmöglich aus dem Rhein zu bergen. „Dafür haben unsere Mitgliedsunternehmen Spezialfirmen mit professionellen Tauchern angefragt, um zügig eine Lösung zu finden. Reinigungsarbeiten dieser Art werden zukünftig halbjährlich nicht nur in Köln, sondern auch in weiteren Städten wie beispielsweise Düsseldorf, Frankfurt und München durchgeführt.“ Parkverbotszonen für E-Scooter in unmittelbarer Flussnähe will man zudem vergrößern. Dass in diesen Verbotszonen immer wieder dennoch E-Scooter verschiedener Anbieter zu finden sind, zeigt, dass der Ansatz zwar gut ist, aber keine generelle Lösung für das Problem.
Bergung der E-Scooter soll kommen – aber wann?
Wann genau die Bergungsaktion der E-Scooter in Köln startet? Niemand weiß es so genau. Bisher gibt es nur Lippenbekenntnisse. Bei der ehrenamtlichen Müllsammelgruppe KRAKE hat man dazu noch nichts gehört. Gründer Christian Stöcker sagte dem WDR: „Die Bergung im Strom ist sehr aufwendig. Dazu wird ein Baggerschiff benötigt, von dem ein tonnenschweres Schutzschild in den Rhein gehängt wird. Nur hinter einem solchen Schutzschild können Bergungstaucher arbeiten. So eine Aktion wäre im Rhein aufgefallen.“
Insofern bleibt Stand jetzt nur abzuwarten, wann sich TIER, Lime, Voi und Co tatsächlich an die Bergung der E-Scooter begeben. Wir bleiben dran. Und übrigens: Die E-Scooter-Sharing-Anbieter Dott und Bird ließen eine Anfrage von inside digital unbeantwortet.
Eigentlich echt einfach zu lösen: jeweils 200 Meter zum Rhein und weiteren Gewässern Verbotszonen errichten, fertig aus. Nicht nur für E-Scooter, sondern auch Leihräder usw. Unter 200 Metern Abstand wäre es sinnlos, denn die mutwilligen Tr*ttel würden es trotzdem hinschleppen. Bei einem „gesunden“ Abstand siegt dann vielleicht doch die Vernunft.