Der chinesische Konzern Huawei steht schon seit Langem auf der Abschussliste einiger westlicher Länder. US-Unternehmen ist es in weiten Teilen untersagt, mit Huawei zu kooperieren und so zwang der schon lange währende Handelsstreit Huaweis Smartphone-Verkäufe in Europa in die Knie. Etwas anders ist die Lage auf dem Markt der Netze. Denn Huawei ist einer der größten Netzausstatter der Welt. Ohne die Komponenten der Chinesen würden die meisten europäischen Mobilfunknetze nicht in der aktuellen Form funktionieren. Doch der Vorwurf der Spionage, hauptsächlich befeuert aus den USA, lastet schwer auf der Vertrauensbasis der Länder zu Huawei.
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Huawei-Verbannung aus deutschem Netz?
Und so war es nicht ganz so verwunderlich, dass das Handelsblatt Bezug nehmend auf das Bundesinnenministerium diese Woche berichtet, dass die Thematik mal wieder Schwung bekommt. Die Bundesregierung behalte sich vor, so das Handelsblatt, dass man verbieten wolle „kritische Komponenten“ einzusetzen. Mehr noch: Die Verwendung von bereits verbauten Komponenten stehe ebenfalls zur Überprüfung. Doch beabsichtigt die Regierungskoalition wirklich den Netzbetreibern eine neue Überprüfung der schon verbauten Komponenten aufzuerlegen und diese vielleicht sogar zum Abbau bestehender Infrastruktur zwingen?
Wir haben bei den Mobilfunkbetreibern und Huawei nachgefragt und eher überraschte Antworten bekommen. So gäbe es keine Informationen über einen solchen Schritt: „Uns sind keine derartigen Planungen bekannt. Von daher können wir dies nicht weiter kommentieren“, lässt sich Huawei über eine Sprecherin zitieren. Telefónica verweist darauf, dass mit dem neuen Telekommunikationsgesetz und dem neuen IT-Sicherheitsgesetz neue Regulierungsmechanismen geschaffen wurden und dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) am 1. Juli die technischen Anforderungen für diese Zertifizierung veröffentlicht habe.
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Zu einer gesonderten Prüfung äußerte man sich nicht, jedoch verspricht man in München: „In intensiver Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden haben wir definiert, wie sogenannte kritische Komponenten in unserem Netz identifiziert werden. Die Hersteller dieser Komponenten müssen dafür eigenständig ein Zertifizierungsverfahren durchlaufen.“
Das sagt Vodafone und die Deutsche Telekom
Bei Vodafone verweist man ebenfalls auf das zweite IT-Sicherheitsgesetzt: „In zahlreichen Märkten, auch in Deutschland, prüfen Regierungen die Sicherheitsvorschriften für den Einsatz von Netz-Technologien. Die Bewertung der Vertrauenswürdigkeit der Hersteller in diesem Zusammenhang ist seit der Einführung des zweiten IT-Sicherheitsgesetzes bekannt.“ Vodafone nutzt die Technik von Huawei im Kernnetz nicht. Jedoch kommt „im Antennen-Netz, wie in der Branche üblich, Technik von mehreren Anbietern zum Einsatz“.
Ähnlich sieht es bei der Deutschen Telekom aus. Sie hält chinesische Ausrüster aus dem Kernnetz heraus. Beim RAN, also dem Antennen-Zugangsnetz setzt die Telekom aber neben Ericsson weiter auf Huawei-Komponenten. Die Begründung: Dort „können 5G-Komponenten nur auf 4G-Komponenten desselben Herstellers aufgesetzt werden“. An den politischen Spekulationen um einen Rausschmiss von Huawei-Komponenten aus bestehenden Netzen „beteiligt sich die Telekom jedoch nicht“.
Bundesinnenministerium rudert zurück
Das Bundesinnenministerium ist derweil zurückgerudert: „Im BMI gibt es derzeit keine Überlegungen oder Vorbereitungen für eine Untersagung des weiteren Einsatzes kritischer Komponenten bestimmter Hersteller (sog. ex post-Untersagung nach § 9b Abs. 4 BSIG)“. Man könne die aktuellen Berichte des Handelsblattes nicht bestätigen, so ein Sprecher gegenüber dem Tagesspiegel.
Auf die zum Teil derben Aussagen des FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle gegenüber dem Handelsblatt: „Es wäre weltfremd und naiv, die geopolitische Bedeutung der Aktivitäten Huaweis in Deutschland für den Einfluss Chinas nicht zu erkennen“, reagierte weder die Deutsche Telekom noch Vodafone oder Telefónica.