Apple hat ein neues iPhone vorgestellt. Schon wieder. Wie jedes Jahr. Und Medien, Magazine und die Nachrichten spielen verrückt. Oder besser gesagt: Sie spielen mit. Ich nehme uns da nicht raus. Auch wir haben einen Artikel als Ankündigung zum Livestream gebracht, weil es viele unserer Leser interessiert. Dennoch verstehe ich das nicht. 2007, als Apple mit dem ersten iPhone die Art, wie wir miteinander kommunizieren, verändert hat, war das vielleicht noch angebracht. Aber auch heute gibt es noch unzählige Liveticker zur Apple Keynote. Internetseiten, die minütlich, wenn nicht sogar sekündlich aktualisiert werden und das, was man auf dem Apple-Kanal bei YouTube live mitverfolgen kann, noch einmal in Textform bringen.
Plastik essen und dabei auf das neueste iPhone gucken
Ich meine, das war früher schon merkwürdig bis peinlich. Schließlich handelt es sich um ein Handy. Es ist kein Live-OP, bei der die drei besten Ärzte der Welt den todkränksten Menschen des Planeten behandeln und den Krebs besiegen. Es ist ein Handy. Es ist keine Veranstaltung, auf der Weltvertreter besprechen, wie man den Krieg binnen drei Tagen stoppen oder den Welthunger besiegen kann. Es ist ein Handy!
Alle warnen davor, dass die Klimakatastrophen mehr werden, Fische in Plastik ersticken und der Mensch sie anschließend, mit etwas Dill und Salzkartoffeln serviert, verspeist. Die Welt geht unter, Elon Musk sucht nach neuen Planeten, die wir besiedeln können, weil es hier im Sommer langsam aber sicher zu heiß und im Winter zu kalt wird. Und was machen Unternehmen wie Apple? Sie produzieren unentwegt neue Handys. Jedes Jahr neue Modelle. Samsung etwa spuckt 88 Modelle auf seiner Internetseite aus. 88 verschiedene Handys!
Fair und nachhaltig? Nein, danke.
Dabei hält so ein Handy doch locker fünf Jahre. Und selbst wenn es kaputtgehen sollte, weil der Akku nicht so lang durchhält, kann man entweder ein Ersatzteil beschaffen – das wird beim Auto heute immer noch so gemacht! – oder sich das gleiche Modell einfach noch mal kaufen. Doch Handys, die nachhaltig sind und fair produziert werden, will kaum einer haben.
Die Stiftung Warentest bewertet das Samsung Galaxy S22 Ultra, ein Handy, das rund 1.000 Euro kostet, mit der Note 1,7. Das Fairphone hingegen, ein – wie der Name schon sagt – fair produziertes Handy, bekommt die Note „befriedigend“. Ein Handy, bei dem ein Laie mühelos einen defekten Akku oder sogar das Display austauschen kann, ist schlechter. Ein Handy, das nur die Hälfte des Spitzenmodells von Samsung kostet, ist nur befriedigend.
Sonnenblumenöl ist zu teuer, das iPhone nicht
Doch zurück zum neuen iPhone, das sich 2022 vermutlich wieder viele Millionen Menschen kaufen werden. Vergangenes Jahr gab es fast 240 Millionen davon. Jene Menschen, die sich im Freundeskreis über die hohen Preise für Sonnenblumenöl beim Aldi aufregen, geben, ohne mit der Wimper zu zucken, 1.000 Euro oder mehr für ein neues Handy aus. Ein Handy! 1.000 Euro! Man gönnt sich ja sonst nichts. Und man lebt nur einmal.
Ich meine, es gibt auch Handys für 200 Euro. Und das Verrückte daran ist, das absolut Paradoxe: Mit diesen 200-Euro-Handys macht man genau dasselbe, wie mit einem iPhone für über 1.000 Euro. Per WhatsApp chatten, Videos bei YouTube schauen, jemanden anrufen und das Prospekt von Aldi durchblättern, um sich darüber aufzuregen, dass der Sonnenblumenölpreis schon wieder gestiegen ist.
Apple, lass die Schachtel weg
Apple und andere Handyhersteller sprechen von Umweltschutz, indem sie ihren Handys keine Ladekabel und Kopfhörer mehr beilegen. Sie sollten sich zudem auch fragen, ob sie auch auf das Handy in der Verpackung verzichten sollten. Das wäre Umweltschutz. Das würde Ressourcen sparen. Das wäre nachhaltig. Doch eines wäre das nicht: für das Unternehmen profitabel. Und der Rubel muss rollen. Die Verkäufe müssen von Jahr zu Jahr steigen. Schließlich werden die Menschen auf dem Planeten immer mehr. Nur die Ressourcen leider nicht.
Übrigens: Einem Bericht zufolge hat Apple durch das Weglassen von Kopfhörern und Ladegeräten schätzungsweise 6 Milliarden Euro eingespart. Apple könnte noch viel mehr sparen, wenn sie auch das iPhone in der Schachtel weglassen. Und die Schachtel gleich mit.