Rund 13 Millionen Menschen besitzen aktuell ein Deutschlandticket. Über 50 Prozent aller verkauften Tickets im Nahverkehr gehen auf die 49 Euro teure Monatskarte zurück. Doch diese Popularität stellt die Branche vor echte Herausforderungen. Eigentlich sollte mit dem Deutschlandticket das Nahverkehrsangebot wachsen und zum Umstieg auf den ÖPNV motivieren. Doch im Moment geht es nicht darum, das Angebot auszubauen, sondern bestehende Verbindungen nicht zu verlieren.
Nötige Finanzmittel fehlen
Grund für die befürchteten Streichungen sind fehlende, finanzielle Mittel. Energie- und Personalkosten sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen und der Umstieg auf lokal emissionsfreie Fahrtzeuge wie Elektrobusse und Züge mit Elektroantrieb ist kostspielig.
Schleswig-Holstein kündigt als erstes Bundesland für 2025 Konsequenzen an. Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) erklärt gegenüber dem Handelsblatt, dass man das aktuelle ÖPNV-Angebot mit den verfügbaren Finanzmitteln im kommenden Jahr nicht aufrechterhalten kann. Hier zeigt sich, wie unterfinanziert der ÖPNV in Deutschland ist.
Finanzierung vom Deutschlandticket weiterhin unklar
Aktuell kostet das Deutschlandticket 49 Euro im Monat. Der Preis soll im aktuellen Jahr stabil bleiben. Für 2025 haben die Verkehrsminister der Länder jedoch bereits eine Preiserhöhung angekündigt. Auch gibt es Änderungen, wie die Ticketeinnahmen verteilt werden.
Erstmals angeboten wird das Deutschlandticket seit Mai 2023. Bund und Länder bezuschussen das Ticket mit jeweils 1,5 Milliarden Euro. Auch in diesem Jahr wurden wieder 3 Milliarden Euro bereitgestellt. Eine langfristige Finanzierung ist weiterhin nicht sichergestellt. So fehlt nicht nur den Verkehrsunternehmen Planungssicherheit. Auch die Ticketverkäufe leiden unter der politischen Debatte, erklärt ein Sprecher des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen. So können sich Kunden nicht darauf verlassen, dass das Ticket auch in Zukunft zu einem bezahlbaren Preis angeboten wird und bleiben doch beim eigenen PKW.
Deutschlandticket nicht mehr im Regionalexpress?
Seit es das Deutschlandticket gibt, sind die Reisendenzahlen auf manchen Verbindungen deutlich gestiegen. Insbesondere auf Strecken zwischen Bundesländern, auf denen die Tickets bisher besonders teuer waren, sind deutlich stärker ausgelastet. Valide Mobilitätsdaten sind jedoch nicht vorhanden. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern muss man in Deutschland mit seinem Monatsticket vor Reisebeginn nicht einchecken. Entsprechende Counter oder Ticketgates fehlen in Deutschland. So ist es nur schwer möglich, das Angebot entsprechend der Nachfrage weiterzuentwickeln.
Prof. Dr. Christian Böttger forscht an der Hochschule für Technik und Wissenschaft in Berlin zu den Auswirkungen des Deutschlandtickets. Laut ihm reiche eine Priorisierung nach Mobilitätsdaten nicht aus. Gegenüber dem Handelsblatt erklärt er, dass man vorrangig die Menschen befördern müsse, die es wirklich brauchen. Dazu zählen etwa Berufspendler. Vergnügungsfahrten sollten hingegen an letzter Stelle stehen.
Auch schlägt er vor, die Gültigkeit des Deutschlandtickets auf überlasteten Regionalexpress-Strecken an Wochenenden einzuschränken. Das dürfte etwa beliebte Strecken wie den RE 8 von Berlin an die Ostsee betreffen. Alternativ wären Sitzplatzreservierungen im Regionalexpress denkbar, die nur Reisenden mit anderen Tickets als dem Deutschlandticket zur Verfügung stehen.
Das Deutschlandticket derart einzuschränken, wie es Prof. Dr. Christian Böttger vorschlägt, ist absurd. Das Ticket soll Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV motivieren und die Attraktivität erhöhen. Mit dem Deutschlandticket müssen sich Reisende keine Gedanken über die komplizierten Tarifstrukturen machen und können den Nahverkehr auch abseits ihrer Heimatstadt nutzen. Die Politik sollte endlich die langfristige Finanzierung des Deutschlandtickets sicherstellen und so Kunden und Verkehrsunternehmen Planungssicherheit bieten und bezahlbare Mobilität für alle ermöglichen.