Enpal und 1Komma5° sind zwei Anbieter von PV-Anlagen, die eigentlich in Konkurrenzkampf miteinander stehen. Doch angesichts der drohenden Risiken in der Stromversorgung Deutschlands wenden sie sich gemeinsam mit ihren Bedenken an die Politik wie PV-Magazine berichtet. Sie fordern in einer gemeinsamen Erklärung, die Mitte Oktober von der Bundesregierung veröffentlichten Vorschläge zur „Umsetzung der Wachstumsinitiative im Strombereich“ sofort umzusetzen. Das auch als „Stromspitzen-Paket“ bezeichnete Dokument brächte viele Neuerungen, die tatsächlich systemrelevant für die deutsche Wirtschaft – und den Standardhaushalt in Deutschland sind. Durch das Ende der Ampel-Koalition drohen diese Reformen nun im Sand zu verlaufen. Problematisch ist das vor allem durch die steigende Gefahr für Stromausfälle in Deutschland.
Blackout-Gefahr: Politik muss jetzt handeln
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte angekündigt, noch vor den Neuwahlen wichtige Projekte durchzubringen, darunter auch die Senkung der Energiekosten durch eine Netzentgeltsenkung für die Industrie. In der Erklärung der Solaranbieter heißt es jedoch, wenn „nicht jetzt wichtige regulatorische Weichen im Energiemarkt gestellt werden, steht im allerschlimmsten Fall überhaupt kein Strom mehr zur Verfügung.“ Damit beziehen die beiden Unternehmen sich auf die Einspeisung aus ungeregelten PV-Anlagen. Ungeregelte PV-Anlagen sind nach aktuellem Gesetzesstand sämtliche PV-Anlagen, die eine Leistung von weniger als 100 Kilowatt besitzen und außerhalb der Direktvermarktung liegen.
Das Problem liegt im Zustrom immer mehr kleiner PV-Anlagen, die unkontrolliert Strom erzeugen. Allein im vergangenen Juli waren das bereits 60 Gigawatt. Das Problem ist keineswegs unbekannt. Schon seit einer Weile fordern Netzbetreiber daher die entsprechende Fernsteuerung für private PV-Anlagen, um diese im Ernstfall abregeln zu können. Diese Eingriffe in das Stromnetz sind notwendig, um eine sichere Stromversorgung zu garantieren. Bisher sind die Möglichkeiten der Netzbetreiber dabei eingeschränkt. Ein Stresstest, der zur Fernabschaltung von PV-Anlagen durchgeführt wurde, lieferte zudem ein vernichtendes Ergebnis. Ein Großteil der privaten PV-Anlagen reagierte nicht auf die zentralen Steuerbefehle des Netzbetreibers.
Risiken für die Netze steigen an
Tage mit hoher Solarstromerzeugung, jedoch einem vergleichsweise geringen Verbrauch, könnten sich zum Stolperstein für unsere Stromnetze entwickeln. Typische Beispiele dafür wären Ostern, Christi Himmelfahrt oder Pfingsten. Dort könnte es zu extremen Werten für negative Strompreise kommen. Der Stromverbrauch ist niedrig, die Sonnenstunden können jedoch hoch sein. Wenn sämtliche privaten PV-Anlagen in einer Region dann unkontrolliert Strom in das Netz einspeisen, man diesen jedoch nicht verbrauchen kann, müssen Netzbetreiber aktiv werden. Im ungünstigsten Fall genügt es dann nicht mehr länger, die Erzeuger abzuschalten, sondern ganze Verteilnetze müssten abgeschaltet werden.
Einen Blackout mit flächendeckenden Stromausfällen hält man in Deutschland zwar immer noch für unwahrscheinlich. Für möglich hält man jedoch regionale Ausfälle mit besonders ausgelasteten Systemen. Experten halten es sogar bereits für Ostern oder Pfingsten 2025 für ein mögliches Szenario, das es jetzt abzuwenden gilt. Das Stromspitzen-Paket mit den Verbesserungen in der Direktvermarktung, der Vereinfachung bei Stromspeichern und einer Anpassung des Smart-Meter-Rollouts ist somit dringend erforderlich.
Die Branche selbst ist jedoch zwiegespalten, was die geplanten Änderungen betrifft. Während einige Solaranbieter sie begrüßen, sind nicht alle Marktteilnehmer erfreut. So meldete der Bundesverband Solarwirtschaft deutliche Einwände gegen das geplante Ausmaß sowie die Form der Regulierung an. In einem Punkt scheint jedoch Einigkeit zu herrschen: Neue, klare Richtlinien muss die Regierung schaffen, bevor es zu einer Neuwahl kommt.