Keine Betriebsvoraussetzung: Aus für jedes vierte Balkonkraftwerk?

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Rund jedes vierte Balkonkraftwerk in Deutschland könnte die Betriebsvoraussetzungen nicht mehr erfüllen. Im schlimmsten Fall würde das für viele Besitzer bedeuten, dass ihre Mini-PV-Anlagen vom Netz genommen werden müssen. Eine Lösung, die nicht zum Schaden von Verbrauchern ausfällt, steht noch aus.
Betriebsvoraussetzungen nicht erfüllt - Das Ende für jedes vierte Balkonkraftwerk Deutschlands
Betriebsvoraussetzungen nicht erfüllt - Das Ende für jedes vierte Balkonkraftwerk DeutschlandsBildquelle: Bild von Harald Becker auf Pixabay

In mehr als 25 Prozent aller zurzeit in Deutschland installierten Balkonkraftwerke kommt ein Deye-Wechselrichter zum Einsatz. In zahlreichen Deye-Wechselrichtern fielen nicht nur fehlende Relais negativ auf, auch die elektromagnetischen Interferenzen sorgten für Aufsehen. Dieser Umstand war das erste Problem, das von der Bundesnetzagentur damals bemerkt wurde. Zudem sollen die Wechselrichter viel schneller hochfahren, als das eigentlich in Deutschland zulässig ist. All diese Probleme führen nun dazu, dass der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) die Betriebsvoraussetzungen für diese Balkonkraftwerke nicht mehr als erfüllt sieht.

Betriebsvoraussetzung nicht erfüllt: Müssen zahlreiche Balkonkraftwerke vom Netz?

Nachdem die Schwierigkeiten bei Deye-Wechselrichtern inzwischen in den Fokus der Medien gerückt sind, äußert sich auch der VDE gegenüber dem Onlinemagazin heise. Nach Aussagen des VDE müssen Besitzer fehlerhafter Balkonkraftwerke damit rechnen, dass diese „bei einer Bestätigung durch die BNetzA betroffene Erzeugereinheiten unverzüglich außer Betrieb gesetzt und zurückgerufen werden müssen.“ Besitzt dein Balkonkraftwerk einen fehlerhaften Wechselrichter, kannst du das Modell somit nicht mehr länger nutzen.

Gerade in den sonnigen Monaten des Jahres wäre das ein doppelt ärgerlicher Umstand für Besitzer, da ihnen ein großer Ertrag an Kilowattstunden Strom damit verloren geht. Selbst wenn Betroffene stattdessen eine Entschädigung erhalten, wird es dauern, bis eine neue Mini-PV-Anlage in Betrieb genommen werden kann. Es könnten Monate vergehen, bis für den Verbraucher überhaupt klar ist, mit welcher Maßnahme von Nachbesserung oder Entschädigung überhaupt gerechnet werden kann. Bis diese bei allen betroffenen Kunden ankommt, dürfte noch mehr Zeit verstreichen. Da noch immer im Detail nicht geklärt ist, wie viele der Wechselrichter des Herstellers genau betroffen sind, könnten Tausende Balkonkraftwerke betroffen sein.

Rund 1,5 Millionen Balkonkraftwerke sind laut Schätzungen in Deutschland in Betrieb. Über ein Viertel davon nutzen Deye-Wechselrichter, die teilweise auch unter anderen Markennamen über Discounter vertrieben wurden. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass jedes dieser Modelle von dem Problem betroffen ist, komplett auszuschließen ist es jedoch nicht. Die Ermittlungen und Prüfungen halten an. Bisher hat die Bundesnetzagentur noch nicht dazu aufgerufen, betroffene Anlagen vom Netz zu nehmen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass dieser Aufruf folgen wird, da bisherige Lösungsvorschläge des Herstellers eher kritisch beäugt werden.

Externe Relais-Box kommt nicht als Lösung in Betracht

Eine schnelle Lösung, wie Deye sie zunächst über eine externe Relais-Box versprach, scheint leider nicht in Sicht. Der VDE zweifelt an, dass eine solche Box die Normbedingungen erfüllt – und somit kann man die Betriebsvoraussetzungen damit nicht erfüllen. Bei einem solchen externen Relais, so der VDE, müsse ein vollwertiger zentraler NA-Schutz nachgerüstet werden, der alle entsprechenden Anforderungen erfüllt. Bei einer Lösung, bei der Verbraucher selbstständig einen solchen NA-Schutz integrieren oder lösen könnten, seien nationale und internationale Normen nicht erfüllt. Der VDE bezieht hier auch eine klare Position zu geäußerten Behauptungen, dass ein solche NA-Schutz-Relais lediglich für „große“ Anlagen sinnvoll oder notwendig seien. „Sicherheitsregeln sind nicht beliebig und müssen unabhängig von der Größe eines Erzeugers gelten“, erklärt der VDE.

Tatsächlich könnten kleine Anlagen, im generellen Trafogeräte, diese umso dringender benötigen. In der Regel ist bereits nur ein einziges Trennrelais anstelle von zweien in solchen Trafogeräten verbaut. Auf ein Relais verzichtet man bereits, da der integrierte Transformator eine galvanische Trennung gewährleistet. Doch solche Trafos können bei Isolationsfehlern ihre Trennwirkung verlieren. In solchen Fällen ist die doppelte Absicherung durch ein zusätzliches Relais zwingend erforderlich, um fatale Folgen zu vermeiden. Dieses Zwei-Sicherungssystem muss für kleine wie große Anlagen sicherstellen, dass ein Fehler nicht lebensbedrohliche Konsequenzen nach sich zieht.

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3 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Stefan

    Es wird hier immer der Hinweis zum EMV Problem genannt, aber ich habe noch nichts dazu finden können, dass DEYE WR auch ein EMV Problem hätten. Gibt es da was konkretes zu Deye oder einfach „allgemein“?

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  2. Nutzerbild Karsten Frei

    Und so killt deutsche Bürokratie die Energiewende.

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  3. Nutzerbild DG

    Wie schauts aus wenn ich den Wechselrichter ohne Stecker fest verklemmt.

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