Bisher ist Flixtrain nur ein vergleichsweise kleiner Wettbewerber der Deutschen Bahn im Schienenverkehr. Nur auf einigen wenigen Strecken sind die grünen Züge unterwegs. Zum Beispiel zwischen Köln und Hamburg und zwischen Berlin und Stuttgart. Aber das Unternehmen wächst. Kräftig sogar. Erst im November vergangenen Jahres hatte FlixMobility, die Muttergesellschaft hinter Flixtrain (und Flixbus), den Halt in 27 weiteren Städten angekündigt. Und offenbar soll Flixtrain in Zukunft noch viel mehr Städte anfahren. Das lässt zumindest ein Bericht des „Handelsblatt“ erahnen, wonach FlixMobility den Kauf von Zügen in Milliardenhöhe anstrebt.
FlixMobility knüpft Kauf von neuen Zügen an zwei Bedingungen
Die Investition in neues Wagenmaterial ist die nächste große Überraschung binnen weniger Monate. Denn erst im Oktober hatte FlixMobility mit Greyhound den größten Bus-Anbieter der USA gekauft, um dort seine Expansion kräftig vorantreiben zu können. Jetzt der Vorstoß im Schienensektor. Wie das „Handelsblatt“ unter Verweis auf mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet, befinde sich das Mobilitäts-Start-up in frühen Gesprächen mit Banken und Finanzierungspartnern. Und schon allein das ist für das Unternehmen eher ungewöhnlich. Denn eigentlich setzen Flixbus und Flixtrain auf Partnerunternehmen, die Busse und Züge in Eigenregie betreiben. Der Kauf von eigenen Verkehrsmitteln durch FlixMobility käme einer Zeitenwende gleich.
Ohnehin ist das Vorhaben aber noch längst nicht in trockenen Tüchern. Denn noch steht die Finanzierung nicht. Und sie ist auch von zwei entscheidenden Faktoren abhängig. Die FlixMobility-Chefs um CEO André Schwämmlein wollen zum einen erst dann investieren, wenn ein Ende der Coronapandemie abzusehen ist. Denn ohne Passagiere braucht es keine neuen Züge. Und wer in diesen Tagen einen Zug im Fernverkehr betritt (nicht nur jene von FlixTrain) ist zum Teil überrascht, wie leer die Wagen doch sind.
Hohe Trassenpreise als Hemmnis
Entscheidender ist allerdings die zweite Bedingung für die geplanten Zugkäufe. FlixMobility erwartet von der deutschen Bundesregierung eine Senkung der Trassenpreise. Dabei handelt es sich um eine Gebühr, die eine Bahngesellschaft bezahlen muss, wenn ein Zug im Schienennetz der DB Netz AG unterwegs ist. Die genaue Höhe des sogenannten Trassenkilometers ist von verschiedenen Faktoren abhängig und kann dem Trassenpreissystem 2022 entnommen werden. Zu Beginn der Corona-Pandemie, als die Passagierzahlen massiv einbrachen, hatte es eine Absenkung der Trassenpreise gegeben. Zuletzt stiegen die Nutzungsgebühren aber wieder an, was FlixMobility in Anbetracht der aktuell überschaubaren Passagierzahlen bereits dazu veranlasste, den eigenen Fahrplan ordentlich zusammenzustreichen.
Sollten die Trassenpreise hierzulande auf hohem Niveau verharren – Deutschland und Frankreich gelten in der EU als die Länder mit den höchsten Gebühren – wäre es auch vorstellbar, dass FlixTrain seine neuen Züge nicht (nur) in Deutschland fahren lässt. Auch in anderen Ländern wäre dann ein Start der grünen Züge vorstellbar. Wie in Schweden. Dort sind sie bereits mehrmals wöchentlich zwischen Göteborg und Stockholm unterwegs. Als Partner tritt in diesem Fall das mittelständische Unternehmen HectorRail auf.
Milliardenbetrag für neue FlixTrain-Züge
Laut „Handelsblatt“ strebt FlixMobility den Kauf von neuen Zügen im Wert von rund einer Milliarde Euro an. Das würde für den Kauf von etwa 100 Zügen reichen. Zum Vergleich: Bei der Deutschen Bahn sind allein knapp 250 Züge der Modelle ICE 1 bis 3 und ICE T im Einsatz. Hinzu kommen noch die neuen ICE 4, deren Auslieferung bis mindestens 2025 läuft. Vor der Coronakrise sah der Plan der Bahn vor, das Passagieraufkommen in den kommenden Jahren kräftig zu steigern. Bis 2030 war von bis zu 300 Millionen Fahrgästen pro Jahr die Rede.
Und auch die neue Bundesregierung will mehr Menschen zu Bahn-Fans machen. Deswegen wurden auch viele der inzwischen 30 Jahre alten ICE 1 umfangreich modernisiert, obwohl sie eigentlich längst hätten ausrangiert werden sollen. Aufgrund der Coronapandemie und den damit verbundenen Änderungen in der Geschäftswelt (mehr Homeoffice, weniger Geschäftsreisen) bleibt abzuwarten, wie sich die Flotte der Deutschen Bahn in Zukunft weiter entwickeln wird.