Der Volkswagen-Konzern präsentiert sich unter der Ägide von CEO Oliver Blume (VW- und Porsche-Chef in einem) eigentlich als Einheit. Auf der IAA gibt’s ein paar starke Konzepte zu sehen und einige knackige Aussagen, die den deutschen Primus aus der E-Auto-Lethargie hieven sollen. Ein vermeintliches Zugeständnis an die eine Premium-Marke ärgert jetzt allerdings die andere. Zwist im VW-Konzern?
Audi Q6 e-tron: Audis Hoffnungsträger ist Porsches Ärgernis
Um der kriselnden Premium-Tochter Audi und seinem neuen Chef Gernot Döllner ein bisschen Starthilfe zu geben, wird auf der IAA der neue Elektro-SUV Audi Q6 e-tron vorgestellt. Soweit kein Thema. Oder doch? Der neue Luxus-Stromer basiert erstmals auf der neuen E-Auto-Plattform PPE (Premium Platform Electric), die aus der gemeinsamen Entwicklungs-Schmiede von Audi und Porsche entstammte. Eigentlich war der Plan, dass Porsche hier den Aufschlag machen darf und das erste Lob einheimst. Nun stellen Blume und Vorstandskollegen den E-Macan hintenan und geben Audi den Vortritt. Ein Zug, der bei Porsche für massig geballte Fäuste in den Hosentaschen sorgt, wie das Handelsblatt berichtet.

Auf der IAA nimmt Porsche das Rampenlicht für Audi offenbar zähneknirschend hin und begnügt sich mit Konzepten wie dem Mission X und vollmundigen Versprechen für die Zukunft. Audi hingegen darf sich als Vorreiter der Markenwelt präsentieren und den Q6 als erstes neues E-Auto seit zwei Jahren demonstrieren. Porsche bleibt hier auf dem Taycan sitzen, der sogar schon vier Jahre seit seinem ersten Erscheinen auf dem Buckel hat. Audi steht im E-Auto-Business unter erheblichem Erfolgsdruck. Ob da der Gegenwind der Schwestermarke hilft, darf bezweifelt werden. Dennoch: Der Q6 e-tron dürfte der wichtigste Audi seit Langem sein.
VW: günstige E-Autos ab 2025 und der Plan gegen China
Trotz der Zerreißprobe zwischen den Vorzeige-Marken, ist man bei Volkswagen bemüht, sich in Einigkeit zu präsentieren. Die Kernmarke zeigt mit dem ID GTI ein neues E-Konzept, mit dem man vor allem die GTI-Emotionen ins neue Strom-Zeitalter hieven will. Optisch sieht’s gut aus. Was draus wird, muss die Zeit und vor allem das Serienmodell zeigen.

Versprechen zu günstigeren E-Autos ab 2025, wenn die Batteriepreise sinken sollen, müssen sich ebenfalls erst bewahrheiten. Um das zu erreichen, müssen eigene Batterien her (hier haben BYD und Co. noch massive Vorsprünge). Dazu hofft VW auf Effekte durch hohe Zölle auf chinesische Fabrikate, die damit ihren Preisvorteil verspielen. Selbst will man in Sachen Produktion „China-Speed“ erlangen, wie Ralf Brandstätter, Konzern-Vorstand und China-Geschäft-Leiter von VW, auf der IAA ausruft.
VW, Skoda und Cupra sollen besser werden
Die Autos der Normalsterblichen werden zunächst weiter auf der aktuellen MEB-Plattform (Modularer E-Antriebs-Baukasten) basieren, beziehungsweise ab 2025 dann auf deren Weiterentwicklung MEB+. Die Weiterentwicklung verspricht eine Effizienzsteigerung für Modelle von VW, Skoda und Cupra. Vor allem in den abseits des Preises wichtigsten E-Auto-Disziplinen Ladeleistung und Reichweite verspricht VW hier klare Verbesserungen. So sollen die Batterien am Schnelllader in 20 Minuten aufgeladen werden. Die Reichweiten steigen von aktuell bis zu 550 Kilometern auf 700 Kilometer. Die Ladeleistung von derzeit maximal 170 KW auf 200 KW.
Für den Absatz an Autos, die auf der MEB-Plattform basieren, sind zudem nicht die VW-Marken allein verantwortlich. Auch Ford setzt auf die Volkswagen-Basis (gerüchteweise im E-Fiesta) und bald wohl auch der indische Hersteller Mahindra, der zum wichtigen Hebel im mittlerweile bevölkerungsreichsten Land der Erde werden könnte.
Software: Gute Miene zum bösen Spiel?
Belächelt werden VWs oft für ihre nachlässige und fehleranfällige Software. Wobei die Wolfsburger diese Probleme im Infotainment-Bereich des Autos nicht exklusiv haben. Die Tochter Cariad steht in der Verantwortung für die Entwicklung von dem, was an den Armaturen digital steuerbar ist.

VW bläst auf der IAA zum Angriff, will mit dem Design die Schwachstelle ausgemacht haben und hat zudem im Sommer die Chefetage bei Cariad ausgetauscht. Bei allen eigenen Bemühen passt es allerdings nicht ins Bild, dass VW immer mehr von Google integriert. Unabhängig davon, dass der Google-Schritt von weiter weg betrachtet, durchaus sinnvoll erscheint.
Am Ende müssen sie auf die Straße
Volkswagen meint die Transformation zur Elektromobilität ernst. Das zeigt der Auftritt auf der IAA. Verbrenner finden hier gar nicht mehr statt, E-Fuels nur ganz am Rande eine Erwähnung. Mit der Emotionalisierung kann Deutschlands wichtigster Autohersteller den richtigen Ton getroffen haben. Sei es mit dem Fokus aufs Software-Design oder der Wiedergeburt des GTI als E-Auto. Am Ende hilft es nichts – die Konzepte müssen auf die Straße und ehrlicherweise – sie müssen für die breite Masse bezahlbar sein.

zur Info: Oliver Blume ist der VW-Chef. Markus Blume ist CSU Politiker und Minister.