Der Zughersteller Alstom kündigt eine Weltpremiere im deutschen Bahnverkehr an. Ab 2021 beginnt ein Forschungsprojekt, das für eine echte Revolution im Pendelverkehr sorgen könnte. Wir verraten dir, was getestet wird, wo das Projekt startet und was der "Innovativpreis Reallabore" des Bundeswirtschaftsministeriums damit zu tun hat.
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Alstom hat viel vor: 2021 soll in Zusammenarbeit mit dem Regionalverband Großraum Braunschweig, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) ein neuer Test anlaufen. Darin geht es um die Implementierung des automatischen Zugbetriebs (ATO) im täglichen Fahrgastbetrieb von Regionalzügen.
Alstom testet Züge ohne Lokführer in Deutschland
Mit anderen Worten: Alstom will Regionalzüge, die vor allem von Pendlern genutzt werden, ohne Lokführer fahren lassen – und im besten Fall so nicht nur die Sicherheit, sondern auch die Pünktlichkeit verbessern. Denn wenn alle Züge autonom fahren und auch die Technik in der Infrastruktur mitspielt, könnten Verspätungen tatsächlich der Vergangenheit angehören.
Im sogenannten GoA3-Betrieb mit Passagieren an Bord findet die Zugfahrt selbst völlig autonom statt. Jedoch ist ein Begleiter an Bord, der im Notfall in den Betrieb eingreifen kann. GoA4 wiederum – vorgesehen vor allem für Rangierfahrten – bezeichnet einen unbeaufsichtigten Betrieb ohne Personal an Bord. Aber mit der Möglichkeit einer Fernsteuerung.
Das Forschungsprojekt rund um die autonom verkehrenden Züge soll 2021 mit zwei Coradia Continental Regionalzügen in der Region Braunschweig starten. Sie werden mit einem European Train Control System (ETCS) ausgerüstet, das bei der Deutschen Bahn unter anderem auf der Schnellfahrstrecke zwischen Berlin und München zum Einsatz kommt. Zusätzlich erhalten die für den Test vorgesehenen Züge eine zusätzliche Ausstattung für den automatischen Zugbetrieb.
Alstom-Test startet im Livebetrieb nicht vor 2023
Die genauen Streckenabschnitte und die für den automatisierten Betrieb erforderliche Ausrüstung müssen die beteiligten Partner noch ermitteln. Entsprechend dauert es auch noch ein paar Monate, ehe erste Züge ohne Lokführer tatsächlich rollen. Im Laufe des Jahres 2023 soll es soweit sein. Birgit Milius, Professorin und Leiterin des Fachgebiets Bahnbetrieb und Infrastrukur an der TU Berlin gibt zu bedenken, dass „noch viel Forschungsarbeit notwendig“ sei, bevor es tatsächlich losgehen könne.
Komplettes Neuland betritt Alstom mit dem automatischen Zugbetrieb samt künstlicher Intelligenz übrigens nicht. Denn auch in vielen U-Bahnen kommt ATO zum Einsatz. Und in diesem Bereich ist der französische Hersteller nach eigenen Angaben weltweit führend. Der nun bekannt gewordene Test ist aber eine Weltneuheit für regionale Personenzüge, so Alstom in einer Unternehmensmitteilung.
Autonom fahrende Züge für optimierten Bahnbetrieb
Jörg Nikutta, Sprecher der Geschäftsführung von Alstom in Deutschland ist überzeugt, dass das Forschungsprojekt völlig neue Möglichkeiten schaffen kann: „In Zukunft werden automatisierte Züge den regionalen Bahnbetrieb optimieren, den Energieverbrauch senken und den Fahrkomfort erhöhen“, sagt der Manager. Das System werde einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Entwicklung eines modernen, attraktiven Bahnsystems beitragen.
Das sieht auch das Bundeswirtschaftsministerium übrigens so. Es hat Alstom in der Kategorie „Ausblick“ für das geplante Projekt mit dem „Innovationspreis Reallabore“ ausgezeichnet. Auch auf anderer Ebene ist Alstom in Sachen Innovationen erfolgreich. Zum Beispiel mit dem Coradia iLint. Was diesen Zug so besonders macht, liest du in unserer Meldung von vor wenigen Wochen.
Wenn die Technik in der Infrastruktur mitspielen würde, könnten Verspätungen auch mit Lokführer der Vergangenheit angehören.
… wenn sie denn auch gut gepflegt und gewartet wird an Stelle von „Fahren auf Verschleiß“ und Streckenabbau…