800 statt 30 Euro? Hohe Forderungen von Messstellenbetreibern

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Nicht selten stehen Unternehmen im Verdacht, sich selbst auf Kosten von Verbrauchern zu bereichern. Besonders ärgerlich sind hohe Preise vor allem in Bereichen, in denen diese gesetzlich eigentlich längst gedeckelt wurden. Dennoch zahlten etliche Stromkunden zu viel für den Einbau von Stromzählern.
Smart Meter

800 statt 30 Euro - Überzogen hohe Forderungen von Messstellenbetreibern stehen in Kritik

Eigentlich sollte ein solches Szenario nicht möglich sein. Die aktuelle gesetzliche Regelung legt eine Obergrenze von 30 Euro als Kosten für den Einbau eines Smart Meters auf Kundenwunsch fest. Die neue Fassung, die voraussichtlich noch diesen März in Kraft treten wird, sieht Kosten von höchstens 100 Euro für den Einbau sowie jährliche Gebühren von 30 Euro vor. Dennoch riefen viele Messstellenbetreiber wesentlich höhere Forderungen aus, teilweise über 800 Euro teuer. Die Smart Meter Initiative (SMI) bestehend aus den Energieunternehmen Ostrom, Rabot Energy, Octopus Energy und Tibber, kreiden dieses Vorgehen gleich mehrere Unternehmen an. Auch die Verbraucherzentrale mahnte jüngst zwei Unternehmen ab. Zahlreiche EON-Tochterunternehmen haben achtmal so viel Geld für einen Smart Meter verlangt wie gesetzlich vorgesehen.

Smart-Meter-Rollout durch hohe Preise gebremst

Die hohen Kosten für den Einbau von Smart Metern bei Stromkunden stoßen seitens der SMI auf Unverständnis. Bayernwerk, das nach eigenen Angaben für rund sechs Prozent aller deutschen Haushalte zuständig ist, verlangte bis zu 888,89 Euro für den Einbau von Smart Metern. Bei der LEW Verteilnetz GmbH wurden bis zu 825,53 Euro verlangt. Dabei sind keineswegs alle Kunden von derart hohen Preisen betroffen. Noch schlimmer fiel der Preis bei der EON-Tochter Westnetz aus, zu der rund zehn Prozent der Haushalte in Deutschland gehören. Hier wurden Forderungen von bis zu 973,59 Euro erfasst. Besonders hohe Rechnungen werden bei Kunden erhoben, die im Verhältnis weniger Stromverbrauch aufweisen und somit nicht unter die gesetzliche Verpflichtung zum Einbau eines Smart Meters fallen. Damit werden gerade jene Haushalte abgestraft, die auf eigenen Wunsch hin einen smarten Stromzähler erhalten möchten.

800 statt 30 Euro? Hohe Forderungen von Messstellenbetreibern

Dabei sind eben jene smarten Stromzähler eine Grundvoraussetzung für den Bezug von dynamischen Stromtarifen, die eigentlich ebenfalls ab diesem Jahr von allen Stromversorgern angeboten werden sollen. Die SMI sieht darin „bewusst unverhältnismäßig hohe Preise für den Einbau eines Smart Meters auf Kundenwunsch“, die den Smart-Meter-Rollout absichtlich ausbremsen, so Merlin Lauenberg, Deutschlandchef von Tibber.  „Diese überzogenen Preise verhindern den Zugang zu smarten und dynamischen Stromtarifen und stehen im Widerspruch zum Ziel einer bezahlbaren, digitalen Energiewende“, äußert sich Jan Rabe, Mitbegründer von Rabot Energy zu den überzogenen Preisen. Die durch die SMI erstellte Preisübersicht belegt, dass es sich bei den stark erhöhten Preisen um ein Massenphänomen handelt. Mindestens 13 Angebote, die über 500 Euro liegen, liegen der Smart-Meter-Initiative vor.

Rund zwei Drittel aller Unternehmen verlangen zu hohe Gebühren

Von Daten von 35 Unternehmen, die die SMI in ihrer Übersicht auflistet, halten sich lediglich elf Unternehmen an die derzeit gültige Begrenzung von 30 Euro. Bei zweien konnte laut SMI kein Resultat ermittelt werden, 22 hingegen tauchen in der Übersicht mit teilweise stark erhöhten Preisen auf. Allein, dass rund zwei Drittel aller Unternehmen teilweise zu hohe Forderungen stellen, beweist, dass es sich nicht um einzelne Ausnahmen handelt. Die hohen Zusatzkosten für Verbraucher verschlingen dabei teilweise eine mögliche Ersparnis durch den Bezug von dynamischen Stromtarifen, sodass sich der Einbau für Haushalte gar nicht erst lohnt. Unternehmen, die in ihrem Geschäftsmodell bewusst auf dynamische Stromtarife setzen, wie die Mitglieder SMI, sehen darin eine direkte Behinderung ihrer Geschäftsmodelle.

Netzbetreiber hingegen haben kaum ein Interesse, jedem Haushalt, der sich einen Smart Meter wünscht, einen Elektroinstallateur zu entsenden. Dafür entstehen dem Messstellenbetreiber selbst Kosten. Sinnvoll gestaltet sich der Einbau von Smart Metern daher eher an Orten, an denen ohnehin gerade eine Wallbox für ein E-Auto, eine Wärmepumpe oder eine PV-Anlage installiert werden. Das dürfte ein weiterer Grund dafür sein, warum der Ausbau mit Smart Metern in Deutschland wesentlich schleppender vorangeht als in anderen Ländern in Europa. Laut Einschätzung der SMI liegt die Verbreitung von smarten Stromzählern derzeit bei lediglich zwei Prozent.

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