Die Laune ist gut bei HMD Global. Das war zu Beginn der Kooperation mit Nokia im Jahr 2017 schon so und ist auch auf der IFA 2018 noch der Fall. „Wir hatten ein super Jahr, mittlerweile sind wir europaweite die Nummer Fünf“, erklärt Ulrich die gute Stimmung. Er wird dabei nicht müde, die junge Geschichte des Unternehmens zu erwähnen. „Wir haben erst vor circa einem Jahr in Deutschland angefangen und sind beinahe noch ein Start-Up.“ Eine Aussage, die er mit einem Augenzwinkern begleitet.
Dennoch, so der Deutschland-Chef, sei die Produktpalette von HMD Global ziemlich umfassend für das junge Alter des Herstellers. Besonders auf den Feature-Phone-Bereich ist er stolz: „Mit der Neuauflage des 3310 haben wir den rückläufigen Feature-Phone-Markt im Alleingang vergrößert.“ Die günstigen Retro-Handys erfreuen sich aktuell größter Beliebtheit, besonders als Zweithandy. Doch sind Neuauflagen von alten Klassikern wie dem Nokia 3310 oder dem Nokia 8110 nicht nur real gewordene Marketing-Gags? Ulrich widerspricht: „Auf keinen Fall, für uns ist das Feature-Phone ein Steigbügel zu einem erfolgreichen Smartphone-Geschäft.“ Darüber hinaus lässt sich damit noch gutes Geld verdienen.
Deshalb gibt es aktuell kein neues Nokia-Flaggschiff
Bei seinen Smartphones konzentriert sich HMD Global aktuell vor allem auf Mittelklasse-Handys: Von sieben aktuellen Modellen im Verkauf gehören vier zum Preis-Leistungs-Segment. Dennoch möchte der Hersteller nicht von einer Spezialisierung sprechen: „Nokia bietet als Marke für jedermann ein Handy – ob nun teuer oder günstig.“ Im High-End-Bereich ist HMD Global nur mit dem Nokia 8 Sirocco vertreten, das schon im April 2018 auf den Markt kam. Im Vergleich zu anderen Herstellern, die dieses Jahr schon zwei Flaggschiffe vorstellten, gibt sich der Lizenznehmer also zurückhaltend.
Das kommt laut Ulrich nicht von ungefähr: „Es ist nicht immer einfach, im heutigen Markt und mit den aktuellen technischen Innovationen, einen Kunden davon zu überzeugen, 300 Euro oder mehr für sein Smartphone auszugeben“, erklärt er die Zurückhaltung. Man wolle auf die richtigen Innovationen warten. Welche das sind? Der Deutschland-Chef hat da schon eine Idee: „Kameras und ihre Low-Light-Performance. Wir glauben, dass im Kamera-Bereich noch mehr geht.“ Und wenn man schon beim Thema „neue Smartphones“ ist: Laut Ulrich werden das Nokia 5.1 Plus und das Nokia 6.1 Plus in ihrer aktuellen Form nicht nach Deutschland kommen.
Die Kommentarspalte als Meinungsspiegel
Der Termin bei HMD Global auf der IFA 2018 findet übrigens in einem Besprechungsraum statt, der wie eine Sauna aussieht und dekoriert ist. Der Hersteller möchte die finnischen Wurzeln der Marke, aber auch von sich selbst, in den Vordergrund rücken. Auf den Vorwurf einiger Kritiker, es handele sich beim neuen Nokia um „China-Schrott“, reagiert Ulrich gelassen: “ Ja, die Produktion findet in Asien statt. Aber wir sind ein finnisches Unternehmen.“ Darüber hinaus seien auch viele alte Nokia-Mitarbeiter wieder mit an Bord – so unter anderem auch Ulrich selbst.
Solche Kommentare in sozialen Medien oder auf News-Seiten verfolgt der Deutschland-Chef mit großem Interesse. „Es ist zum Beispiel sehr erhellend, Kommentare unter Artikeln durchzulesen. Dann erhält man ein gutes Bild, was die Leute denken.“ Insgesamt zeigt HMD Global viel Interesse daran, mit seinen Kunden auf Social Media in Kontakt zu treten. Im Vergleich zu anderen Herstellern hat der Nokia-Lizenznehmer sogar eine kleine Fanbase. Dennoch sieht Ulrich noch Verbesserungen im Bereich Marketing: „Unser größtes Problem ist, dass viele Nutzer nicht wissen, dass wir wieder zurück sind – mit Android.“