30 Millionen Mal wird in Deutschland jährlich der Notruf 112 gewählt – rechnerisch ist das jede Sekunde ein Notruf. Etwa bei Bränden, Unglücksfällen und medizinischen Notfällen erreicht man blitzschnell die örtliche Rettungsleitstelle. 90 Prozent der Anrufe an die 112 erfolgen laut aktuellen Angaben inzwischen per Handy – inklusive automatischer Übermittlung des Unglücksortes. O2 nennt mit 62 Prozent einen deutlich niedrigeren Wert. Zum heutigen Tag des Notrufes zeigen die drei großen Mobilfunk-Netzbetreiber Telekom, Vodafone und O2, wie oft ihre Netze Notrufe durchleiten und was sich ändern wird.
Telekom betreut viele Leitstellen von Polizei und Feuerwehr
Allein die Deutsche Telekom vermittelt nach eigenen Angaben im Jahr 26 Millionen Anrufe in ihrem Netz – sowohl per Festnetz als auch im Mobilfunk. Jeden Tag seien mehr als 72.000 Notrufe, die das Netz direkt an die nächstgelegene Leitstelle vermittelt. „Der größte Teil aller Notrufe in Deutschland läuft über das Telekom-Netz“, so die Bonner. Ein Team mit 30 Spezialisten sorge rund um die Uhr dafür, dass der Leitstellenservice reibungslos funktioniert. Die Experten betreuen rund 350 Feuerwehrleitstellen (112) und viele Polizeileitstellen (110) in Deutschland. Auffällig: Mit 26 Millionen Anrufen im Jahr 2024 spricht die Telekom davon, dass sie vier Millionen Notrufe weniger als 2023 vermittelt habe.
Bei O2 spricht man von fünf Millionen Notrufen, die über das Mobilfunknetz im Jahr 2024 vermittelt wurden. Allerdings sind dies nur die Gespräche zur 112 der Feuerwehr. Weitere fünf Millionen seien es bei Gesprächen zur 110 der Polizei gewesen. Vodafone nennt keine Zahlen, spricht nur von mehr als 30 Millionen Notrufen in Deutschland im Allgemeinen. Besonders häufig wählten die Menschen die 112 im Mai und Juni 2024. Die Hochwasserereignisse im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg haben zahlreiche Notrufe ausgelöst. Die meisten Notrufe an einem einzigen Tag gab es laut Telekom am 4. September. Ein Unwetter in Bremen brachte bis zu 60 Liter Regen pro Quadratmeter – eine Menge, die normalerweise für einen ganzen Monat reicht. An diesem Tag gingen über 8.000 Notrufe bei Feuerwehr und Polizei ein.
eCall: Automatischer Notrufsystem hat nur geringen Anteil
eCall spielt übrigens bei den Notrufen kaum eine Rolle. Dabei handelt es sich um ein automatisches Notrufsystem aus dem Auto. 2024 lösten Fahrzeuge laut Telekom rund 136.000 Mal Alarm aus. Das bedeutet mehr als 350 eCall-Meldungen täglich. Seit April 2018 sind alle neuen Fahrzeuge in der EU mit diesem Notrufsystem ausgestattet. eCall verbindet sich nach einem Unfall automatisch oder auf Knopfdruck mit der 112. Gleichzeitig übermittelt das System den Unfallort, die Art der Auslösung und die Fahrzeugdaten.
Notruf-Priorisierung nur bei der 112
Was viele Nutzer nicht wissen, die den Notruf wählen: Aktuell gibt es nur bei der 112 eine Priorisierung im Netz. „Die 112 hat immer Vorrang“, sagt O2-Chef Markus Haas. „Im Notfall sollten die Menschen stets die 112 wählen oder die Notruftaste des Smartphones drücken. Der Notruf geht durch.“ Das gelte insbesondere auch, wenn die Netze mal überlastet sind – etwa zu Großevents. Und nur bei der 112 gibt es eine automatische Übermittlung des Unglücksortes an die Leitstellen der Feuerwehr. 300 Leitstellen nehmen schon an der als AML bezeichneten Technologie teil. Die AML-Daten laufen über zwei unabhängige Server in Freiburg und Berlin. Bereits eine Stunde nach dem Notrufeingang werden alle Daten wieder gelöscht.
Anders war das bislang bei der 110. Wer bislang die 110 wählte und dabei vielleicht nicht mehr in der Lage war, seinen Standort durchzugeben, konnte von der Polizei bislang nicht so schnell gefunden werden, wie es mit AML technisch möglich wäre. Nachdem längere rechtliche Schwierigkeiten beseitigt sind, ist jetzt die schnelle und automatische AML-Ortung vielerorts in Deutschland auch bei Polizei-Notrufen möglich. Erfolgreich angelaufen ist in mehreren Bundesländern bereits ein Pilotbetrieb. AML wird beim Wählen auch des Notrufs 110 im Handy aktiviert. Die Standortdaten des Anrufers werden über die Mobilfunknetze bis auf wenige Meter genau automatisch an die teilnehmenden 110-Polizei-Dienststellen übertragen. Der Vorteil: Die Einsatzkräfte der Polizei gelangen auch dann schnell zum Tat- oder Unfallort, wenn der Anrufer seinen Standort nicht genau angeben kann.
Bei einem Notruf via Mobilfunk muss übrigens eine SIM-Karte im Handy aktiviert sein, und ebenso muss das Gerät eingeschaltet sein. Wählst du die 112, dann sucht sich dein Handy immer das stärkste Netz, das gerade verfügbar ist. Das bedeutet auch: Hat dein Netzbetreiber vor Ort ein Funkloch oder einen aktuellen Netzausfall, dann nutzt dein Handy ein anderes verfügbares Netz für deinen Notruf.
Weg vom reinen Gespräch: Nach der Wahl der 112 passiert viel mehr
Aber auch bei der 112 wird sich etwas ändern. In etlichen Leitstellen erfasst eine neue Rettungs-Software bei einem Anruf alle wichtigen Einsatz-Stichworte – etwa den Unglücksort und die Art der Verletzung. Die Software ordnet dann den passenden Rettungs- und Notarztwagen zu. Ebenso werden die Einsatzfahrzeuge auf dem schnellsten Weg zum Unglücksort navigiert. Auch Baustellen, Umleitungen oder Straßensperrungen werden berücksichtigt, um die bestmögliche Route zu ermitteln. Zudem sind moderne Rettungswagen inzwischen mit den Kliniken vernetzt. Am Unglücksort angekommen, werden alle medizinischen Befunde und Vitaldaten des Patienten von den Rettern vor Ort gewonnen und digital in die behandelnde Klinik übertragen. Ärzte und Klinikteam in der Notaufnahme können bereits während des Transportes alles für die weitere Behandlung vorbereiten. Liegt beispielsweise der Verdacht auf einen lebensbedrohlichen Herzinfarkt vor, kann das Krankenhaus bereits ein Herzkatheterlabor vorbereiten, den zuständigen Kardiologen verständigen und eine Bypass-OP vorbereiten.
Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen O2 Telefónica das Projekt „Rettungskette 5G“ im baden-württembergischen Ostalbkreis mit seiner 5G-Technologie unterstützt. Das Projekt erprobte, inwiefern das 5G-Netz sich eignet, um bereits während des Krankentransports umfassende Diagnosen vorzunehmen und die Vitaldaten der Patienten an die Klinik zu übermitteln. Der Netzbetreiber arbeitet auch an einer Lösung, mit der Einsatzkräfte speziell für sie konfigurierte 5G-Netze genau dann aktivieren können, wenn sie gebraucht werden – also ein Network Slicing auf Abruf. Mit 5G Network Slicing lassen sich Teile des 5G-Netzes für spezielle Anforderungen konfigurieren. Damit kann ein Netzbetreiber für jeden individuellen Einsatzzweck das passende Netz zur Verfügung stellen, etwa für mobile Leitstellen oder für die Drohnenüberwachung.
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