Filigran oder zerbrechlich? In den 90er Jahren wurden Handys immer kleiner und mit dem Aufbruch in die Smartphone-Welt wuchsen sie wieder stark an. Doch der Trend zur Verknappung der Größe hält zumindest bei der Dicke der Handys an: Selbst Phablets jenseits der 5,5 Zoll Display-Größe glänzen mittlerweile mit Gehäusen von unter 8 mm Dicke. Das Wiko Higway Pure besitzt zwar nur einen 4,8 Zoll großen Bildschirm, setzt beim Schlankheitswahn jedoch noch einen drauf: Mit knapp 300 Euro spielt es dabei im Mittelklassesegment mit und Wiko zeigt wie schon beim Ridge 4G Mut zur Innovation oder zumindest zu einem alternativen Design.
Verarbeitung und Design
Hervorstechend am Highway Pure ist seine geringe Dicke, jedoch gibt es noch andere schöne Merkmale des Smartphones aus Frankreich. Der Metallrahmen des Unibody-Gehäuses beherbergt drei Taster mit feinem Druckpunkt und gut ausbalanciertem Hub. Die eingefrästen Ports für Klinke und Mini-USB sind gut gearbeitet und die Stecker rasten satt ein.
Das dünne Gehäuse hat allerdings seine Tücken. Man wird das Gefühl nicht los, das Smartphone könnte trotz einer erstaunlich stabilen Verarbeitung zerbrechen. Außerdem mussten anscheinend einige innere Bauteile neben das Display positioniert werden, was die Ränder um das Display herum ordentlich anwachsen lässt. So entsteht ein recht langes Smartphone mit nicht mehr zeitgemäßen schwarzen Balken ober- und unterhalb des Bildschirms.
Findet überall Platz: Zur Not passt das Wiko Highway Pure auch in die Geldbörse
Erstaunlich bei der Smartphone-Konstruktion: Weder die Kamera noch sonstige Bauteile stehen aus dem Gehäuse heraus. Es ist damit überall und an jeder Stelle nur 5,1 mm dünn. Der Rahmen mit dem abgesetzten Chromrand, der nochmals dünner ist, lässt das Highway Pure noch schmaler und zierlicher erscheinen.
Beim Handling der Flunder fällt die geringe Dicke sofort auf und das Smartphone liegt etwas wacklig in der Hand. Sei es das Gewicht von unter 100 Gramm oder die Zierlichkeit: Fans von One M9 und Co. werden mit dem Highway Pure nichts anfangen können. Trotzdem fühlt es sich hochwertig an und die kalte Glasrückseite schmeichelt der Hand.
Der Lieferumfang befindet sich Wiko-typisch auf hohem Niveau. Der Umfang ist mit einer inkludierten Schutzhülle, einigen SIM-Adaptern und dem Standardzubehör größer als beim Durchschnitt und die Qualität der beigelegten Bauteile ist aller Ehren wert. Allein die Schutzhülle sollte mit Vorsicht auf das Highway Pure aufgezogen werden, da sie sonst schnell hässliche Macken am unteren Rahmen abbekommt.
Das ultraflache Design ist Geschmackssache, kann jedoch gefallen und kommt im schicken Kleidchen. Bei der Verarbeitung liegt Wiko mit dem Highway Pure goldrichtig und auch die Materialien sind gelungen. Einzig die breiten Ränder des Smartphones sorgen für einen größeren Abzug in der Wertung.
Wertung: 4 / 5
Display
Wiko verbaut im Highway Pure ein 4,8 Zoll großes HD-Panel, das in AMOLED-Bauweise gefertigt ist und mit 720 x 1.280 Pixeln auflöst. Damit ergibt sich eine ordentliche Pixeldichte von knapp über 300 ppi. Die Schärfe lässt wenig Wünsche offen und auch die Farben sind AMOLED-typisch kräftig. Es neigt etwas zum Spiegeln, jedoch ist die Blickwinkelstabilität recht gut.
Wiko stattet das Highway Pure mit einer gut funktionierenden Helligkeitsregelung aus. Sie regelt nicht stufenlos, jedoch sind die nahe beieinander liegenden Helligkeitsgrade nur schwerlich zu unterscheiden. Somit merkt man die Regelung kaum und das Display bietet in fast allen Situationen die richtige Leuchtkraft. In gleißendem Sonnenlicht könnte es etwas heller sein, allerdings kommen selbst Referenz-Displays hier ins Straucheln.
Die Ablesefähigkeit ist auch bei schräger Draufsicht in Ordnung
Was auch Referenz-Bildschirme nicht immer bieten, ist eine Einstellmöglichkeit für Kontraste und Co. Das Wiko Highway Pure ist damit ausgestattet und erlaubt zusätzlich die manuelle Regelung der Sättigung, des Kontrastes und der Intensität. Damit lässt sich auch ein eigenständiger Look auf das Smartphone zaubern und beispielsweise ein Schwarz-Weiß-Display nachahmen.
Das Display des Wiko Highway Pure ist mal wieder ein Beweis, dass es keine 4K-Auflösungen in Smartphones braucht, um eine tolle Optik zu bieten. Es ist genügend scharf und kann fast alles, was man sich wünscht. Es könnte manchmal etwas heller und noch stabiler bei der seitlichen Draufsicht sein, jedoch wird hier auf hohem Niveau gemeckert.
Wertung 4 / 5
Ausstattung und Leistung
Das französische Wiko Highway Pure besitzt ein amerikanisches Herz: Der verbaute Qualcomm Snapdragon 410 taktet mit seinen vier Kernen auf 1,2 Ghz und wird von 2 GB Arbeitsspeicher unterstützt. Der interne Speicher, der nicht erweiterbar ist, ist 16 GB groß. Das Gespann rechnet mit stoischer Ruhe alles weg, was man ihm vor die Füße wirft. Sogar das anspruchsvolle Spiel Real Racing 3 wird fast ohne Ruckler ausgegeben. Zwar muss mal zwischen den Rennen eine Verschnaufsekunde eingelegt werden, jedoch spielt sich alles im akzeptablen Bereich ab und meistens wird flüssig gedriftet.
Im Benchmarktest zeigt sich, dass man keine 60.000 Punkte erreichen muss um ein flüssig laufendes Smartphone auf die Beine zu stellen. Das Wiko Highway Pure erreicht gerade einmal gut 20.000 Punkte und ist damit vergleichsweise schwachbrüstig. Trotzdem erreicht es eine ordentliche Arbeitsgeschwindigkeit und zeigt damit, wie wenig so mancher Benchmarktest-Vergleich wert ist.
Zahlenwerk: Der Benchmarktest täuscht über die flinke Bedienung des Wiko Highway Pure hinweg
Bei den Verbindungsmöglichkeiten hat Wiko an der einen oder anderen Stelle etwas gespart, die alltäglich benutzten Funktionen wie LTE oder USB-OTG sind jedoch an Bord und es hat sich sogar DNLA ins Handy aus Frankreich verirrt. Trotzdem bleiben dem Nutzer Sahnehäubchen wie NFC, MHL oder Miracast verwehrt.
Verbindungsmöglichkeiten
Feature | Ja | Nein | Funktion |
---|---|---|---|
HSPA |
X | Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 21 Mbit/s | |
HSPA+ | X | Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 42 Mbit/s | |
LTE | X | Mobilfunkstandard, Down-max 150 Mbit/s | |
USB-OTG | X | Ermöglicht den Anschluss externer Geräte wie USB-Sticks, Festplatten oder Tastaturen | |
DLNA | X | Standard zu kabellosen Übertragung von Medieninhalten, zum Beispiel auf einen Fernseher | |
NFC | X | Ermöglicht eine Bluetooth-Verbindung zu einem anderen Gerät durch kurzes Berühren | |
Miracast | X | Ermöglicht das kabellose Teilen der Anzeige mit einem anderem Gerät | |
MHL | X | Erlaubt die kabelgebundene Verbindung über die Micro-USB-Schnittstelle zu einem HDMI-Port | |
Infrarot-Fernbedienung | X | Ermöglicht den Einsatz als Universal-Fernbedienung | |
Bluetooth-Version | X | 4.0 | |
WLAN-Standards | X | 802.11 b/g/n | |
Qi | X | Ermöglicht das kabellose Laden des Smartphones | |
Dual-SIM | X | Ermöglicht den Betrieb von zwei SIM-Karten parallel |
Die Ausstattung ist alltagstauglich und die Leistung genügt in fast allen Lebenslagen, jedoch sind ein paar Kritikpunkte übrig: Es fehlen einige Verbindungsmöglichkeiten und das Smartphone liefert keine Spitzenleistung – im Alltagsgebrauch könnte sich das rächen. Dazu ist der Speicher nicht erweiterbar und mit 16 GB gerade groß genug, um diesen Kompromiss mit den Gehäuse-Designern eingehen zu können.
Wertung: 3,5 / 5
Kamera
Die Kameras des Wiko Highway Pure sind, wohl auch aufgrund der geringen Gehäusetiefe, keine High-End-Bauteile, können aber durchaus gefallen. Der 8-Megapixel-Sensor auf der Rückseite erarbeitet mit seinem Objektiv mit einer maximalen Blende von 1:2,2 scharfe Bilder, die als Schnappschuss für zwischendurch durchaus taugen. Die Frontkamera mit ihren 5 Megapixeln Auflösung genügt für das Selfie vor dem Eifelturm und den Videochat mit den Lieben zu Hause allemal. Klar, dass es dabei nicht zu dunkel sein darf, denn dann baut die Frontkamera schon ab.
Wiko Highway Pure im Kameratest
In den Menüs verstecken sich einige Einstellungsmöglichkeiten. So sind der Weißabgleich, der ISO-Wert und eine Belichtungskorrektur integriert. Schnelles manuelles Fotografieren ist damit zwar nicht möglich, aber wenn die Automatik versagt, kann hier kurzerhand nachgebessert werden. Eine Verschlusszeit-Einstellung sucht man allerdings vergebens. Dafür sind einige Szenenmodi wie Nachtportrait, Strand oder Schnee, sowie einige Farbeffekte wie Sepia, Mono oder Negativ voreingestellt und können bei Bedarf ein bisschen mehr kreativen Freiraum schaffen.
Zwischen anderen Menüpunkten verstecken sich die manuellen Bedienfunktionen
Die Kamera kann als der Schwachpunkt am Wiko Highway Pure gesehen werden. Dabei spielt sie in der Liga der schnappschusstauglichen Smartphone-Kameras locker mit. Es fehlt nur ein bisschen an Auflösung und Treffsicherheit beim Autofokus. Dazu könnte sie ab und an eine kürzere Belichtungszeit auswählen, um Verwackler zu vermeiden. Trotzdem eine respektable Leistung, eine solche Kamera in ein so dünnes Gehäuse zu stecken.
Wertung: 3,5 / 5
Software und Multimedia
Wiko verpasst dem Highway Pure eine puristische Software, die sehr übersichtlich ist und trotz allem nichts vermissen lässt. Das Betriebssystem stammt von Google und kann nicht mehr mit Aktualität glänzen. Die Version Android 4.4.4 KitKat wurde mittlerweile schon von zwei weiteren Generationen überholt, läuft allerdings auf dem Wiko Highway Pure sehr flüssig und zeigt, warum es auf den meisten Android-Geräten installiert ist.
Die Franzosen lassen beim Pure den App-Drawer weg: positiv ist dabei, dass die Übersichtlichkeit dazugewinnt, da Apps nur noch auf einer Ebene zu finden sind. Negativ daran ist allerdings, dass alle Apps auf den Home-Bildschirmen liegen und es damit keine Möglichkeit gibt, nie oder nur selten gebrauchte Apps zu verstecken. Dazu müssen Ordner angelegt werden, in denen dann die überflüssigen Apps abgelegt werden.
Wiko Highway Pure Screenshots Menü
Trotzdem kann die puristische Software sehr gut gefallen, speziell weil man dabei nichts vermisst. Dazu packt Wiko ein paar nette Gimmicks ins Highway Pure: Der Clean Master beispielsweise löscht mit einem Klick den Cache und gibt belegten Arbeitsspeicher frei. Das schont die Ressourcen und sollte längerfristig für eine stabilere Leistung sorgen. Zudem kann das Schnellmenü mit Funktionen bestückt werden.
In der Multimediasektion leidet das Highway Pure mal wieder am enorm dünnen Gehäuse. Der verbaute Lautsprecher kann zwar plärren wie ein großer, nervt aber mit einigen Tonlagen, die eher an das Gebrüll eines Kleinkinds erinnern als an Musik. Abgesehen vom Lautsprecher spielt Wiko allerdings gehörig auf: Mit den beigelegten Kopfhörern und einem Equalizer in der schick gestalteten Musikapp, gibt es auch qualitativ ordentlich aufs Trommelfell.
Der Audioplayer ist schick und mit Equalizer und Surround-Sound-Funktion ausgestattet
Die Hauptkritikpunkte in diesem Bereich sind zweifellos die etwas ergraute Android-Version und der krakelende Lautsprecher. Wen ersteres nicht stört und wer zweiteres nicht nutzt, muss sich in diesem Bereich keine Sorgen machen und wird zufrieden sein.
Wertung: 4 / 5
Akku
„Lieber ein bisschen dicker und dafür mehr Akku.“ Ein bekannter Satz aus vielen Foren und unter Freunden. Nun kommt das Wiko Highway Pure und legt mit einem nur 5,1 mm dünnen Gehäuse eine Akku-Leistung aufs Parkett, die aller Ehren wert ist. Mit 2.000 mAh nimmt der Akku wohl die Hälfte der Grundfläche des Smartphones ein und ist dabei noch richtig ausdauernd.
Nach dem standardisierten 8 Stunden andauernden Intensivtest besitzt das Highway Pure noch gut 60 Prozent Akkuladung. Dabei fressen zwar das Video-Streamen und das Spielen zusammen ungefähr 20 Prozent der Energie, jedoch scheint es sich auszuzahlen, dass Wiko im Highway Pure auf ein relativ kleines Display mit 4,8 Zoll und eine relativ kleine Auflösung in HD baut. Auch die Funktion Clean Master hat einen Anteil am guten Abschneiden: Er unterbindet jede Funktion, die nicht gebraucht wird, und sorgt so für leere Speicher und weniger benötigte Rechenleistung.
Stark auf der Kurzdistanz: Das Wiko Highway Pure überzeugt vor allem im Intensivtest
Nach weiteren 16 Stunden im Standby konnte sich das Wiko Highway Pure immer noch 50 Prozent an Ladung erhalten. Damit spielt es ebenfalls bei den Großen mit und bietet ausgesprochenen Akku-Spezialisten wie dem Moto G oder dem Sony Xperia Z3 Compact die Stirn. Der Standby-Verlust ist zwar recht hoch, jedoch reißt hier der hervorragende Wert nach dem Intensivtest die Wertung nach oben.
Wertung: 4,5 / 5
Fazit
Wiko positioniert sein dünnstes Handy in der Highway-Linie, die das High-End-Segment der Franzosen darstellt. Doch damit sind die Ähnlichkeiten mit den Schwestermodellen, beispielsweise dem Highway Star und dem Highway Signs, fast erschöpft. Das Highway Pure ist, wie der Name schon sagt, puristisch und konzentriert sich auf seine Stärken.
Damit fährt Wiko beim ultradünnen Spitzenmodell nicht schlecht. Mit dem Verzicht auf die sonst standardmäßig verbaute Dual-SIM-Funktion und die Speichererweiterung zeigt der Hersteller, dass man sich auch außerhalb eingetretener Wege bewegen kann. Und sei es nur, weil einem das Gehäuse dazu zwingt.
Trotzdem ist das Wiko Highway Pure ein sehr gutes Smartphone und kann mit seinem Display, dem Gehäuse und der Multimediaausstattung mächtig punkten. Die Schwächen bei der Kamera und der Ausstattung sind zum Teil wenig praxisrelevant oder für viele Nutzer verzeihlich. Wer also ein ultradünnes Smartphone mit ordentlicher Gesamtleistung und kluger Software will, kann beim Wiko Highway Pure zuschlagen.
Pro
- ultradünn und trotzdem stabil
- intelligente Android-Modifikation
- toller Akku
- umfangreiches Zubehör
Contra
- schwächelnde Kamera
- mieser Lautsprecher
Preis-Leistung
Wiko will für das Highway Pure knapp 300 Euro haben. Damit liegt es in einem Bereich, der heiß umkämpft ist und wo schon Kleinigkeiten den Ausschlag zum Kauf ausmachen können. Hübsche Kleinigkeiten hat das puristische Spitzenmodell einige zu bieten: der tolle Lieferumfang und das dünne Gehäuse sind nur zwei Beispiele. Doch es fehlen auch einige Kleinigkeiten: Bei einem Preis von knapp 300 Euro wünscht man sich schon einen größeren, oder erweiterbaren Speicher, dazu könnte ein Full-HD-Display auch nicht schaden. Trotzdem ist das Wiko Highway Pure ein gelungenes Handy zum fairen Preis.
Alternativen
In der Gewichts- und Gehäusedicken-Klasse sind die Konkurrenten rar gesät. Zum einen beackert Gionee den Markt der ultradünnen Smartphones mit dem Elife 5.5 und dem Elife 5.1, zum anderen gibt es ein Handy von drei verschiedenen Herstellern, das ebenfalls in dieser Klasse mitspielen will: Das von Allview, Kazam und auch wieder von Gionee vorgestellte Smartphone ist 5,5 mm dick und 5,2 Zoll groß. Es firmiert im Markt unter den Namen Kazam Tornado 552L, Allview X2 Soul Pro und Gionee Elife S7. Es soll allerdings mit knapp 400 Euro ein ganzes Stück teurer sein, als das Wiko Higway Pure.