Verarbeitung und Design
Es war keine große Überraschung, als Microsoft Nokias X-Reihe hat sterben lassen. Mit Windows 10 steht ein neues Betriebssystem in den Startlöchern und Android hat dabei keinen Platz - abgesehen davon, dass mit Google einer der ärgsten Konkurrenten für das System steht wie CO2 für schmelzende Polkappen.
Was aber auf den ersten Blick klar wird: Das erste und einzige Android-Handy von Nokia lebt im Lumia 435 weiter. Das Design hat Microsoft nahezu komplett von der X-Reihe übernommen. Dabei wirkt auch das Lumia mit seinen knapp 12 Millimetern in der Tiefe recht klobig.
Das Design ist also ebenso wenig neu wie die poppigen Farben und die Oberflächenbeschaffenheit. Alles passt ins Bild der Lumia-Serie. Zudem macht die abnehmbare Schale einen problemlosen Akkuaustausch möglich.
Was die Verarbeitung angeht, gibt es in der Lumia-Familie durchaus das eine oder andere Mitglied, das sich angenehmer anfassen lässt. Zwar haben die Fasen, die den Übergang von Display zu den Kanten bilden, ihren Charme, allerdings umgibt ein recht hoher schwarzer Rahmen das Display. Nicht nur dieser ist oft spürbar, auch die relativ spitz zulaufenden Ecken sehen runder aus, als sie es in der Realität wirklich sind. Zudem fühlt sich das Gerät beim Anfassen recht hohl an und ein Bauteil im Inneren schwingt nach. Die Nervenenden in der Hand transportieren damit das Gefühl einer von Daumen und Zeigefinger gehaltenen Stimmgabel an das Gehirn. Bei Beanspruchung auf Zug oder Torsion knarzt aber nichts.
Der Lieferumfang ist selbst für ein Smartphone der Einsteiger-Klasse recht mager. Das Microsoft bei dem Preis auf ein Headset verzichtet, geht in Ordnung. Das man aber kein USB-Kabel dazu packt, trifft auf Unverständnis. Gerade als Smartphone-Neuling - für den das Gerät offenbar bestimmt ist - möchte man Musik und Bilder von Computer zu Smartphone - und umgekehrt - verschieben. Einzig auf ein Ladegerät muss man als Käufer nicht verzichten. Eine Lösung mit Steckdosenadapter und separatem Kabel wäre hier optimal gewesen.
Das Gehäuse-Display-Verhältnis hätte bei Weitem besser sein können. Das Lumia 435 wirkt unverhältnismäßig dick. Auch das fehlende USB-Kabel, die spitz zulaufenden Ecken und der hohle Klang beim Anfassen sorgen für Punktabzug.
Wertung: 2,5/5
Display
Das Display des Lumia 435 misst 4 Zoll in der Diagonalen und löst mit 480 x 800 Pixeln auf. Das ergibt eine Pixeldichte von 233 ppi. Damit begibt man sich als Nutzer auf eine Zeitreise ins Jahr 2010, als HTC mit dem ersten Desire Erfolge feierte. Der Bildschirm des Kassenschlagers wies bei kleinerem Display die gleiche Pixelanzahl auf. Beim Lumia 435 ist es aber weniger die Display-Auflösung, die nicht mehr zeitgemäß ist. Bei einem Smartphone für 90 Euro darf man einerseits nichts anderes erwarten, andererseits bekommt man auch nichts besseres. Allerdings ist die Blickwinkelstabilität gerade noch mit ausreichend zu bewerten. Das Display büßt ordentlich an Helligkeit ein, wenn man das Handy neigt.
Microsoft setzt beim Bildschirm auf die LCD-Technologie, die auf Hintergrundbeleuchtung basiert. Das durchscheinende Licht sorgt für einen schlechten Schwarzwert, weshalb man eher von einem Dunkelgrau sprechen darf. Die automatische Helligkeitsregelung hingegen funktioniert sehr schnell und stufenlos und passt die Displayhelligkeit sehr gut dem Umgebungslicht an.
In den Displayeinstellungen hat man nicht nur die Möglichkeit, einzustellen, wie hell das Display bei den vier Helligkeitsstufen "Niedrig", "Mittel", "Hoch" und "Automatisch" leuchten soll, sondern kann auch die Farbtemperatur, den Farbton und die Farbsättigung anpassen.
Während es bei vielen Lumias möglich ist, im Menüpunkt "Berührung" die Berührungsempfindlichkeit einstellen, muss man als Nutzer des 435 auf den "Handschuhmodus" verzichten. Unter diesem Punkt der Einstellungen hat man, auch beim Lumia 435, die Möglichkeit, die Option ein- beziehungsweise auszuschalten, die es erlaubt, den Bildschirm im Standby-Modus mit einem Doppeltipp aus dem Schlaf zu holen. Standardmäßig ist diese eingeschaltet.
Im Menüpunkt "Anzeige" lassen sich die "Lesbarkeit bei Sonnenlicht" und die "Helligkeit im Stromsparmodus" ein- und ausschalten.
Auflösung und Pixeldichte sind bei einem solch günstigen Einsteiger-Modell in Ordnung, auch wenn es nicht unbedingt Spaß macht, seine Augen über einen längeren Zeitraum über den Bildschirm gleiten zu lassen. Sowohl der Schwarzwert als auch die Blickwinkelstabilität hätten aber durchaus besser sein können. Positiv herauszuheben ist, dass Microsoft auch beim Einsteiger-Modell auf die meisten Display-Einstellungen nicht verzichtet.
Wertung 3,5/5
Ausstattung und Leistung
Ein Snapdragon 200 von Qualcomm soll mit seinen beiden auf 1,2 GHz getakteten Kernen für den Antrieb ausreichen. Zwar denkt man hin und wieder, er stehe kurz vor einem Kollaps, dennoch meistert die CPU mit Unterstützung von 1 GB Arbeitsspeicher die meisten Prozesse. Längere Ladezeiten als bei Quad-Core-Lumias fallen im Vergleich aber dennoch auf.
Mit 8 GB internem Speicher ausgestattet - 3 GB sind für das Betriebssystem reserviert - lassen sich einige Spiele und Apps herunterladen und installieren. Sollte der Platz aber knapp werden, lässt sich das Datendepot mit Micro-SD-Karten um bis zu 128 GB aufstocken und Spiele und Apps können auf die Speicherkarte verschoben werden.
Im Testbetrieb liefen Spiele wie "GT Racing 2" flüssig, und sorgten zu keiner Zeit für eine Überbeanspruchung des Prozessors. Sowohl im Spielbetrieb als auch in Benchmarktests, in denen das Gerät bis aufs Letzte ausgereizt wird, blieb eine übermäßige Wärmeentwicklung aus. Beim AnTuTu-Benchmarktest erreicht das Lumia 435 einen recht niedrigen Wert von gut 6.800 Punkten.
Die Sprachqualität war auf der Seite des Lumia-Nutzers gut - sowohl was die Hörmuschel als auch was den auf der Rückseite dröhnenden Lautsprecher anbelangt. Der Gesprächspartner hingegen klagte vor allem im Freisprechmodus über abgehackte Satzfragmente.
Bei den Verbindungsmöglichkeiten muss der Nutzer einige Abstriche in Kauf nehmen: Neben LTE muss man auch auf NFC verzichten. Auch die in Lumia-Modellen oft vorhandene Möglichkeit, das Gerät per Qi kabellos aufzuladen fehlt und lässt den Preis purzeln.
Verbindungsmöglichkeiten
Feature |
Ja | Nein | Funktion |
HSPA |
X | Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 21 Mbit/s | |
HSPA+ | X | Erweiterung des Mobilfunkstandards UMTS, Down-max. 21 Mbit/s | |
LTE | X | Mobilfunkstandard, Down-max 300 Mbit/s | |
USB-OTG | X | Ermöglicht den Anschluss externer Geräte wie USB-Sticks, Festplatten oder Tastaturen | |
DLNA | X | Standard zu kabellosen Übertragung von Medieninhalten, zum Beispiel auf einen Fernseher | |
NFC | X | Ermöglicht eine Bluetooth-Verbindung zu einem anderen Gerät durch kurzes Berühren | |
Miracast | X | Ermöglicht das kabellose Teilen der Anzeige mit einem anderem Gerät | |
MHL | X | Erlaubt die kabelgebundene Verbindung über die Micro-USB-Schnittstelle zu einem HDMI-Port | |
Infrarot-Fernbedienung | X | Ermöglicht den Einsatz als Universal-Fernbedienung | |
Bluetooth-Version | X | 4.0 | |
WLAN-Standards | X | 802.11 b/g/n | |
Qi | X | Ermöglicht das kabellose Laden des Smartphones |
Dem Prozessor wird des Öfteren schwindelig, wenn man ihm mehrere Arbeiten zum gleiche Zeitpunkt ausführen lässt. Dennoch läuft das Lumia 435 besser, als ein Android-Smartphone mit gleicher CPU. Der interne Speicher ist mit 5 GB gerade noch ausreichend groß.
Wertung 3/5
Kamera
Die Lumia-Reihe ist für ihre guten Kameras bekannt. Bewegt man sich aber in der Preisskala nach unten, sinkt damit gleichzeitig auch die Qualität der geschossenen Fotos. Das Lumia 435 dürfte dabei am schlechtesten wegkommen, was nicht nur der 2-Megapixel-Sensor hinter der Kunststoff-Optik und die Blende von f/2.8 attestiert.
Die Fotos, die man mit dem Lumia 435 erzeugt, sind selbst bei Beachtung aller Bildgestaltungsreglen nicht gerade ein Hingucker. Oft fehlt es den Bildern an Dynamik, die Farben sind meist ausgeblichen und ein Motiv scharfzustellen ist aufgrund des nicht vorhandenen Autofokus schwierig. Hinzu kommt ein sichtbares Rauschen, sobald das Licht schwächer wird.
Microsoft Lumia 435: Kamera-Testfotos
Mit dem Lumia 435 gemachte Testaufnahmen gibt es
Im Vergleich zur Software höherpreisiger Lumia-Modelle schafft es der ISO-Wert nur auf 1.600 statt 3.200 und der Verschluss bleibt statt vier maximal eine Sekunde offen. Zudem gibt es in den eingeblendeten Kamera-Einstellungen ein Icon, um den vermeintlichen LED-Blitz ein- und auszuschalten. Allerdings fehlt es dem Lumia 435 an einer Leuchtdiode.
Auch die Frontkamera ist nur da, um anwesend zu sein. Selbstporträts strotzen vor Fehlpixeln und Farbrauschen. Für den Einsatz als Schminkspiegel in der Bahn sollte es aber reichen.
Beide Kameras liefern eine für Lumia-Verhältnisse unterdurchschnittliche Leistung ab. Selbst wenn das Gerät keine 100 Euro kostet, möchte man als Nutzer - sobald eine Kamera vorhanden ist - Fotos schießen, die man im Anschluss nicht direkt wieder löschen will.
Wertung 2/5
Software und Multimedia
Typischerweise kommt auf einem Smartphone aus dem Hause Microsoft Windows Phone als Betriebssystem zum Einsatz. Windows 10 befindet sich bereits auf dem Weg und wird auch auf dem Lumia 435 eintreffen. Beim OS-Update verhält es sich ähnlich wie bei Apple: Eine neue Version wird nach Start recht flott ausgeliefert. Als Nutzer eines Android-Smartphones muss man häufig deutlich länger darauf warten oder guckt gar komplett in die Röhre.
Windows Phone 8.1 mit Lumia Denim bietet eine Reihe von Funktionen, die Android oder iOS in Nichts nachstehen. Man kann vom oberen Bildschirmrand eine Benachrichtigungsleiste herunterziehen, hinter der sich nicht nur Schnelleinstellungen verbergen, sondern auch alle Nachrichten zusammenlaufen. Microsoft nennt das Ganze "Action-Center".
Wer seine Apps und Spiele gerne übersichtlich organisiert, kann diese nun in Ordnern auf dem Homescreen ablegen. Dazu muss man auf die App tippen, gedrückt halten und auf eine andere App ziehen. Jeder Ordner kann umbenannt werden, indem man auf das Textfeld über dem geöffneten Ordner tippt.
Auch lässt sich nun die Lautstärke für Apps separat von der Lautstärke fürs Klingeln bei Anrufen und bei Benachrichtigungen regeln. Weitere neue Funktionen sind die lernende Word-Flow-Tastatur sowie die aufgebohrten Einstellungen und Optimierungen im WLAN-, Daten- und Speicherbereich. Wie diese genau aussehen und welche neuen essentiellen Funktionen Windows Phone 8.1 noch mit sich bringt, ist im Special "Alle Details zu Windows Phone 8.1" nachzulesen.
Kritik erntet nach wie vor der Bereich "Einstellungen". Die Liste mit diesen ist von Windows Phone 7 bis hin zu der heutigen Version 8.1 immer länger und somit unübersichtlicher geworden. Die Einstellungen sind weder themenspezifisch noch alphabetisch geordnet. Auch Microsoft scheint das ein Dorn im Auge gewesen zu sein, weshalb man in Windows 10 für Abhilfe gesorgt hat.
Microsoft Lumia 435: Screenshots
Der Musikplayer des Nokia Lumia 435 befindet sich nicht mehr im Musik+Video-Hub des Geräts sondern in der App "Musik". In einer Bibliothek sind gespeicherte Musikstücke unter den Kategorien Künstler, Alben, Songs, Genres und Wiedergabelisten gespeichert. Ein Equalizer ist ebenfalls vorhanden, allerdings nicht aus der App heraus erreichbar. Hierfür muss man in die Einstellungen des Smartphones navigieren.
Über den Handylautsprecher wird Musik zwar sehr laut wiedergegeben. Allerdings ist der Ton alles andere als erstklassig und man könnte meinen, neben einem ist jemand in einen Brunnen gefallen und schreit um Hilfe. Tiefen sind aber kaum vorhanden. Bei voll aufgedrehter Lautstärke neigen Höhen hörbar zum Verzerren.
Windows Phone 8.1 läuft auch auf einem 90-Euro-Gerät mit schwachem Prozessor recht flüssig. Der Lautsprecher, das unübersichtliche Einstellungsmenü und die Abwesenheit einer Benachrichtigungs-LED sorgen für Punktabzug.
Wertung 3,5/5
Akku
Microsoft stattet das Lumia 435 mit einem 1.560 mAh starken Akku aus, der austauschbar ist. Im Test musste sich die Batterie bei dauerhaft aktiviertem Bluetooth, WLAN und GPS sowie E-Mail-Push bei automatischer Helligkeitsregelung einem 30-minütigen Gespräch, 30 Minuten Musikhören per Webstream sowie 30 Minuten Spielen und einer 30-minütigen Video-Wiedergabe über YouTube stellen. Hinzu kam die Aufnahme mehrerer Fotos und Videos, das Surfen auf verschiedenen Webseiten und ein Benchmarktest.
Am Ende dieses anspruchsvollen 8-stündigen Arbeitstages blieben dem Lumia 435 noch satte 57 Prozent. In einer 16-stündigen Standby-Phase verlor der Akku 12 Prozentpunkte und es blieben nach einem ganzen Tag 45 Prozent übrig. Der erste Wert geht in Ordnung, der Verbrauch im Standby hätte aber deutlich besser sein können.
Trotz vermeintlich geringer Akkuladung ist die Batterie ein Dauerläufer und braucht sich nicht hinter Akkumulatoren von High-End-Modellen, die über 3.000 mAh kommen, verstecken.
Wertung 4,5/5
Fazit
Das Lumia 435 richtet sich mit seinem Preis von knapp 90 Euro an Smartphone-Einsteiger und Menschen, die sich kein überteuertes Gerät leisten können oder wollen. Dabei ist das Lumia 435 eine leicht verbesserte Kopie des Nokia X, dass seinerzeit eher für Schwellenländer gedacht war. Es ist also fraglich, ob der deutsche, eher verwöhnte und wohlhabende Markt das Gerät annimmt und überhaupt braucht. Zumal es aktuell mit dem Lumia 630 ein deutlich besseres Windows-Phone gibt, das genauso viel kostet.
Sollte es dennoch in der Einkaufstüte des einen oder anderen Käufers landen, wird er zwar alle Smartphone-Funktionen haben, allerdings wird der Spaß oft auf der Strecke bleiben. Dazu tragen vor allem die schlechte Kamera und das unterdurchschnittliche Display bei. Dennoch läuft ein Smartphone ähnlicher Güte mit Android bei Weitem schlechter.
Der Lautsprecher auf der Rückseite ist zwar laut, liefert aber keinen besonders ausgewogenen Sound. Eine besser Figur macht hingegen der Akku, der locker einen arbeitsintensiven Tag durchhält. Verzichten muss man auf eine Benachrichtigungs-LED und auf ein USB-Kabel, das im Lieferumfang fehlt.
Preis/Leistung
Für 90 Euro bekommt man derzeit wohl nicht mehr, als das, was Microsoft mit dem neuen Lumia 435 anbietet. Dennoch muss man an jeder Ecke mit Einsparungen rechnen, die immer wieder in Erscheinung treten. Der Preis von 90 Euro ist trotzdem zu hoch. Wenn das Geräte künftig nicht mehr nur exklusiv bei der Telekom sondern auch bei Saturn und Co. erhältlich sein wird, dürfte der Preis sinken. Bei 60 bis 70 Euro kann man getrost zuschlagen.
Pro
- Flüssige Bedienung
- Ausdauernder Akku
- Geringer Preis
Contra
- Schlechte Kamera
- Display nur ausreichend
- Kein USB-Kabel im Lieferumfang
Alternativen
Microsofts Lumia-Familie wird vom Kannibalismus heimgesucht. Das Lumia 630 stellt mit seinem Quad-Core-Prozessor und einer besseren Kamera eine gleich teure Alternative zum Lumia 435 dar. Im Test kam der Lumia 630 auf 4 von 5 Sternen. Zudem gibt es das Smartphone auch als Dual-SIM-Variante.
Eine weitere Alternative stellt das Motorola Moto E dar, das ebenfalls für circa 90 Euro erhältlich ist. Das Display ist minimal größer und löst etwas besser auf. Auch die Kamera bietet mit 5 Megapixeln eine höhere Auflösung.
Die dritte Alternative kommt aus dem Hause Wiko und nennt sich Lenny. Das Display des Wiko Lenny ist mit 5 Zoll etwas größer und löst mit nahezu gleich vielen Pixeln auf. Zwar gibt es hier weniger RAM und internen Speicher, dafür aber eine höher auflösende Kamera mit LED-Blitz.