Als einer der wenigen Hersteller am Markt ist Opel inzwischen in der Lage, jedes seiner Fahrzeuge auch in elektrifizierter Form anzubieten. Jetzt kommt nach dem SUV-Flaggschiff Opel Grandland (Test) mit dem Opel Frontera Electric ein weiteres, aber deutlich kleineres SUV-Modell hinzu. Eines, das das Zeug hat, ein echter Kassenschlager zu werden. Denn Opel schraubt gewaltig am Preis, um eine möglichst breite Zielgruppe ansprechen zu können. Aber auch bei der Ausstattung musst du Abstriche in Kauf nehmen, soviel sei an dieser Stelle schon einmal verraten. Dennoch könnte das E-Auto gerade für den Stadtverkehr oder als Zweitwagen für Familien eine attraktive Wahl sein.
Opel Frontera Electric Fahrbericht: Entspannt zum Ziel stromern
Die erste Überraschung erleben Fahrer im Opel Frontera Electric bereits, sobald der Wagen seine Reise starten soll. Denn statt eines Start-Stopp-Knopfes ist der kleine SUV mit einem Zündschloss ausgestattet, in das der Fahrzeugschlüssel geschoben werden muss. Ungewöhnlich und alles andere als typisch für ein Elektroauto. Zumal beim Umdrehen des Schlüssels vom Gefühl her gar nichts passiert; abgesehen davon, dass die Bildschirme zum Leben erweckt werden. Wenigstens das Ertönen eines Sounds wäre an dieser Stelle für unseren Geschmack erstrebenswert gewesen.
Für den Vortrieb sorgen in der Spitze 83 kW (113 PS), was direkt offenbart: Hier ist kein neues Leistungswunder entwickelt worden. In der Spitze ist der Kompakt-SUV auf der Autobahn mit 140 km/h unterwegs, der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt nach Angaben des Herstellers in recht gemächlichen 12,1 Sekunden. Genau das ist für die angedachte Zielgruppe aber alles andere als ein Nachteil. Denn der Wagen beschleunigt sanft, gleichmäßig und angenehm. Der für viele E-Autos bekannte Kick beim Treten des Strompedals geht dem Opel Frontera Electric komplett ab. Hier lassen maximal 125 Nm Drehmoment grüßen.
Keine Sportskanone
Also einfach in den Sportmodus schalten und ab geht die Post? Nichts da! Wer mit dem Opel Frontera Electric unterwegs ist, muss mit einem einzelnen Fahrmodus auskommen. Über den Gangwahlschalter an der Mittelkonsole lässt sich über eine C-Taste nur ein Comfort-Modus starten, der die Rekuperation leicht erhöht – von 0,8 auf 1,2 m/s². Schaltwippen für eine manuelle Anpassung der Energierückgewinnung gibt es nicht.
Das Fahren selbst macht mit dem kompakten Stromer, der wie der Citroën ë-C3 auf der Smart-Car-Plattform von Stellantis steht, auch ohne Allradantrieb Spaß. Kurvenreiche Straßen meistert der Wagen ohne störendes Über- oder Untersteuern, die Lenkung erweist sich als direkt und angenehm straff abgestimmt. Bodenwellen werden allerdings weniger komfortabel geschluckt, als dies möglich gewesen wäre. Wer mit Geschwindigkeitsregelanlage fahren möchte, kann sie über das Multifunktionslenkrad in 2- und 5-km/h-Schritten nach oben und unten anpassen.
Den Verbrauch gibt Opel nach WLTP-Norm mit durchschnittlich 18,2 kWh pro 100 Kilometern an. Zu überprüfen war das im Rahmen unserer mehrstündigen Testfahrt nicht. Denn auch eine Bordcomputer-Anzeige zum Stromverbrauch ist den Sparmaßnahmen von Opel zum Opfer gefallen.
Opel Frontera Electric mit einem guten Platzangebot
Richtig ordentlich präsentiert sich der Opel Frontera Electric trotz eher kompakter Abmessungen hinsichtlich des Platzangebots. Und gerade deswegen ist er als Familienauto besonders für den Stadtverkehr eine interessante Wahl. Auf einer Länge von knapp 4,40 Metern finden in dem Kompakt-SUV bei einem Radstand von 2,67 Metern übrigens bis zu fünf Personen Platz.
Im Innenraum punktet der Wagen trotz viel Hartplastik am Armaturenbrett und teilweise großen Spaltmaßen mit einer soliden Verarbeitung. Imposant ist die üppig bemessene Kopffreiheit. Und auch für Knie und Arme musst du als Fahrer und Beifahrer mit keinerlei Einschränkungen rechnen. Gut gemacht!
Beengter geht es in der zweiten Sitzreihe zu. Aber auch hier können selbst lang gewachsene Menschen noch gut die Fahrtzeit überbrücken. Der Kofferraum, am Exterieur gekennzeichnet durch ein steil abfallendes und sehr kantiges Heck, bietet 460 Liter Ladevolumen, das sich durch Umklappen der Rücksitze auf bis zu 1.600 Liter erweitern lässt. Damit bietet der Frontera in der Spitze sogar etwas mehr Platz im Kofferraum als das Kombi-Modell Opel Astra Electric Sports Tourer (Test).
Seine Vorzüge als Stadtauto spielt der elektrifizierte Opel Frontera übrigens auch dahin gehend aus, dass der Kofferraum mit einem Unterboden ausgestattet ist. So kannst du ein AC-Ladekabel verstauen, ohne dass es im Kofferraum stört. Den Opel-Designern ist es zudem gelungen, auf eine wuchtige Kofferraumrampe zu verzichten. Das macht unter anderem das Ein- und Ausladen von Getränkekisten einfach. Über zusätzlichen Stauraum unter der Motorhaube, einen sogenannten Frunk, verfügt der Wagen hingegen nicht.
Ladeleistung beschnitten
Und die Ladeleistung? Die liegt an Schnellladesäulen per Gleichstrom unter optimalen Bedingungen bei bis zu 100 kW. Kein Spitzenwert, aber im Alltag in der Regel ausreichend. Denn weil die Batterie recht klein ist, müssen laut Angaben von Opel für eine Aufladung von 20 auf 80 Prozent nur 26 Minuten vergehen. Erst ein ausführlicher Test wird zeigen, ob dieses Versprechen tatsächlich zu halten ist.
Spürbare Abstriche musst du aber beim Laden per Wechselstrom an der Wallbox oder öffentlichen Normalladesäulen machen. Denn der Onboard-Charger des Opel Frontera Electric ist serienmäßig nur 1-phasig verbaut und liefert deswegen nur eine Ladeleistung von bis zu 7,4 kW. Wer hingegen marktübliches 3-phasiges Laden mit bis zu 11 kW wünscht, muss einen Aufpreis in Höhe von 400 Euro zahlen. Ein optionales Upgrade auf bis zu 22 kW AC-Ladeleistung gibt es derzeit nicht.
Was kostet der Opel Frontera Electric?
Bevor es den Opel Frontera Electric im Laufe des kommenden Jahres auch in einer Long-Range-Variante und bis zu 400 Kilometern WLTP-Reichweite zu kaufen gibt, steht das E-Auto zunächst nur mit kleiner Batterie (44 kWh) zur Verfügung. Die soll bis zu 305 Kilometer weit kommen; auf der Autobahn dürften eher rund 200 Kilometer realistisch sein.
Dafür erwartet Opel in der Basisausstattung (Edition) mindestens 28.990 Euro. In der von uns getesteten GS-Variante mit hochwertigerer Ausstattung werden mindestens 32.490 Euro fällig. Und diese 3.500 Euro mehr lohnen sich. Denn dann sind neben einem 10 Zoll großen digitalen Cockpit-Display unter anderem auch ein 10-Zoll-Farb-Touchscreen mit DAB-Radio und Navigation sowie eine 130-Grad-Rückfahrkamera inklusive.
Optisch setzt sich die GS-Variante unter anderem durch ein schwarz abgesetztes Dach und schwarz lackierte Außenspiegel sowie 17-Zoll-Leichtmetallräder statt 16-Zoll-Stahlfelgen in Szene. Das günstige Editionsmodell kannst du für 450 Euro Aufpreis mit einem weißen Dach ausstatten lassen. Dann gibt es auch die 16-Zoll-Stahlräder in weißer Färbung. Bei den Lackierungen ist nur Kanyon Orange mit keinem Aufpreis verbunden. Arktis Weiß kostet 400 Euro extra, vier Metallic-Farben sind für 600 Euro mehr zu haben.
Fazit zum Opel Frontera Electric: Gut für die Stadt oder als Zweitwagen
Ein Fazit zum Opel Frontera Electric zu ziehen, der den Geist des Ur-Frontera aus dem Jahr 1991 wieder aufleben lassen soll, ist gar nicht so einfach. Mehrere Stunden haben wir uns von dem kleinen Kompakt-SUV auf der Autobahn und den kurvigen Küstenstraßen von Mallorca ein Bild machen können und können dem Auto eine vorzügliche Straßenlage und eine in dieser Klasse außergewöhnlich gute Lenkung bescheinigen. Dass das neue E-Auto von Opel zudem richtig schnittig aussieht und überraschend viel Platz zu bieten hat, sind weitere Pluspunkte.
Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass Opel an vielen Stellen sparen musste, um einen möglichst günstigen Preis zu erreichen. Entscheidest du dich für das Basismodell fehlen unter anderem ein Touchscreen als Center-Display, du musst auf die komfortablen Intelli-Sitze mit Steißbein-Entlastung verzichten und auch die Einparkhilfe hinten ist nicht an Bord. Auch ein Toter-Winkel-Warner, ein Wireless-Charger für das Smartphone und eine Klimaautomatik sind im Gegensatz zur GS-Variante nicht nutzbar.
Grundsätzlich gibt es die Klimaautomatik im Opel Frontera Electric übrigens nur im 1-Zonen-Betrieb, nicht im 2-Zonen-Modus. Die Kofferraumklappe lässt sich nicht einmal gegen Aufpreis in einer elektrischen Variante ordern, auf zusätzliche Fahrmodi musst du komplett verzichten und selbst eine Anzeige zum Verbrauch hat Opel radikal aus dem Bordcomputer gestrichen.
Wir können uns deswegen dem Eindruck nicht entziehen, dass bei der Entwicklung in Rüsselsheim zumindest punktuell etwas zu stark gespart wurde. Der Fokus auf das Wesentliche ist im Kern zwar zu begrüßen, doch er macht sich hier und da zu stark bemerkbar. Das ändert aber nichts daran, dass der neue Opel Frontera Electric gerade für die Fortbewegung in urbanen Regionen für so manche Familien ein attraktives E-Auto sein kann.
Vorteile Opel Frontera Electric
- direkte, ansprechende Lenkung
- ruhiges, entspanntes Fahren möglich
- modernes, für Opel typisches Design
- ideal als Stadtauto oder als Zweitwagen
Nachteile Opel Frontera Electric
- an vielen Stellen wurde gespart
- geringe Autobahn-Reichweite
- 11 kW AC-Ladeleistung nur gegen Aufpreis
- sportliches Fahren praktisch unmöglich
Übrigens: Mit Verbrennungsmotor kannst du den Opel Frontera ebenfalls kaufen. Das Hybrid-Modell mit 1,2-Liter-Turbobenzinmotor steht ab 23.900 Euro zur Verfügung. Für 800 Euro Aufpreis dann übrigens auf Wunsch auch mit sieben Sitzen. Allerdings nur als teurere GS-Variante. Mit sieben Sitzen fällt aber reichlich Kofferraumvolumen weg.
Kaufen oder leasen? Diese Frage musst du dir bei vielen E-Autos stellen, beim Opel Frontera Electric, wie ich finde, aber besonders. Denn Opel bietet seinen vollständig elektrifizierten Kompakt-SUV schon ab 279 Euro monatlicher Leasing-Rate an. Gerade als Zweitwagen kann es sich deswegen lohnen, eher auf einen Kauf zu verzichten; oder den Wagen zu einem späteren Zeitpunkt als Gebrauchtwagen käuflich zu erwerben.