Microlino im Test: Was kann das E-Auto im Isetta-Design?

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Das Angebot an kleinen E-Autos wird langsam größer. Aber was ist, wenn man wirklich nur auf der Suche nach einem reinen vollelektrischen Stadtflitzer ist? Genügt dann auch ein Mikro-Car? Wir haben einen wahren Hingucker aus dieser Gattung getestet, den Microlino.
Microlino: Alter Kult in einer neuen Karosserie

Microlino: Alter Kult in einer neuen Karosserie

Die BMW Isetta zählt zu den beliebtesten Autos der Nachkriegszeit. 1955 wurde der kleine Flitzer vorgestellt. Doch jetzt gibt es einen rein elektrischen Nachfolger, welcher auf den Namen Microlino hört. Als ein E-Leichtfahrzeug wird es der Klasse L7e zugeordnet. Zu dieser Pkw-Klasse zählen vierrädrige Kraftfahrzeuge, die ein Leergewicht von bis zu 600 Kilogramm auf die Waage bringen. Um jedoch hinter dem Steuer des Microlinos zu sitzen, benötigst du eine herkömmliche Fahrerlaubnis der Führerscheinklasse B. Aber wie schlägt sich die kleine elektrische Knutschkugel? Ist der Microlino für die Stadt geeignet und ist er seinen Preis wert?

Microlino: Ein ungewöhnliches Design 

Egal, ob an der Ampel, während der Fahrt oder beim Parken, der Microlino ist dank seines ungewöhnlichen Designs ein wahrer Hingucker. Eine zweifarbige Lackierung in den Farben Mintgrün und Weiß unterstreichen den Retro-Charme. Vorne und am Heck befindet sich jeweils ein LED-Lichtstreifen, wo sich zugleich auch die Blinker, Bremslichter und das Rückfahrlicht verbergen. Die Seitenspiegel sind zugleich auch die Frontscheinwerfer. Falls man das Design des E-Mikro-Autos kurz und knackig beschreiben will, trifft es: "vorne breit und hinten schmal" wohl am besten. 

Denn die Räder sorgen für eine optische Täuschung. Auf den ersten Blick sind nur drei Räder zu sehen. In Wirklichkeit liegt das jedoch am kürzeren Heck-Radstand. Die Knutschkugel hat ein abgerundetes und fließendes Design. Im Straßenverkehr sticht der Microlino somit auf jeden Fall heraus, denn man kann ihn nahezu mit keinem anderen Fahrzeug vergleichen. Je länger man das Auto fährt, desto schneller versteht man das Design. Jedes Bauteil hat seinen Platz und das, obwohl er auf den ersten Blick ungewöhnlich und verrückt aussieht. 

Der Microlino verfügt über weiße Radkappen.

Besonders beim Öffnen der Tür verdrehen die meisten Fußgänger, Fahrrad- sowie Autofahrer regelrecht den Kopf, denn diese befindet sich nicht an der Seite, sondern vorn. Unterhalb des rechten Seitenspiegels befindet sich ein kleiner Knopf. Sobald man diesen drückt, öffnet sich die Tür von selbst nach links zur Fahrerseite. Dies ist mit das größte Design-Highlight des Microlinos und eine Hommage an die alte Isetta. 

Die Tür des Microlinos öffnet sich wie bei der BMW Isetta.

Wie gemütlich ist die grüne Knutschkugel?

Der Einstieg in den Microlino ist alles andere als üblich. Ist die Tür einmal geöffnet, steigst du rückwärts ein und nimmst Platz auf der Sitzbank, die mit veganem schwarzem Leder und grauem Mikrofaser Veloursleder bezogen ist. Dieser Bezug ist jedoch nur gegen einen Aufpreis von umgerechnet rund 600 Euro erhältlich. Die Sitzbank kann außerdem mit einem einfachen Handgriff manuell verstellt werden. 

Der Microlino in Mintgrün und Weiß.

Sitzt man einmal im Fahrzeug und zieht an der Schlaufe, die an der Innenseite der Tür befestigt ist, kann sie geschlossen werden. Sobald diese an der Verrieglung angedockt, wird der eigentliche Prozess des Schließens per Soft-Close-Funktion vollbracht. Doch an der Innenseite der Tür befindet sich deutlich mehr als nur eine Schlaufe. Die Isetta 2.0 wird anhand eines Touchscreens, welcher am Dashboard befestigt ist, bedient.

Die Sitzbank im Microlino bietet einen hohen Komfort.

Hier kannst du die Heizung, die Klimaanlage und das Innenraum-Licht steuern, den Kofferraum öffnen, die Heckscheiben-Heizung einschalten und in den Einstellungen das Cockpit an den Fahrer anpassen. In den Kofferraum passen übrigens ganze drei Wasserkästen. Schließlich hat der Microlino ein Kofferraumvolumen von überraschenden 230 Litern. Es gibt aber auch noch mehr Stauraum. Dieser befindet sich in der Fahrerkabine jeweils links und rechts in Form eines Netzes. 

In den Kofferraum des Microlinos passt einiges rein.

Überdies ist an der Armaturen-Stange noch eine Handyhalterung verbaut. Auf der Rückseite des Dashboards ist der Knopf zum Öffnen der Tür versteckt, die sich auch hier von allein öffnet. Das Lenkrad ragt nicht wie bei einem herkömmlichen E-Auto aus dem Armaturenbrett heraus, sondern ist an einem Gehäuse befestigt, das im Boden verankert ist. Es hat fast schon leichte Ähnlichkeiten mit dem Lenker eines Autoscooters.

Die Geschwindigkeit, der Akkustand, die Uhrzeit und weitere wichtige Informationen kann der Fahrer auf dem digitalen Tacho einsehen.  Links am Gehäuse befindet sich der Hebel für die Betätigung der Hupe, des Blinkers und auch der Scheinwerfer. Am rechten Hebel kann der Scheibenwischer bedient werden. 

Das Lenkrad des Microlinos ist klein, aber fein.

Aber wo wird der Gang gewählt? - Der Gangwahl-Drehknauf des 2,52 Meter langen und 1,47 Meter breiten Microlinos ist links vom Fahrer platziert. Stellt man ihn auf "Drive" und löst die manuelle Handbremse, die sich ebenfalls auf der linken Seite verbirgt, kann man sofort losfahren. Für das Sommer-Feeling kannst du das Stoffdach öffnen. Sollte dies nicht genügen, können dann noch die beiden Fenster auf der Fahrer- und Beifahrerseite aufgeschoben werden. 

Die Handbremse des Microlinos versteckt sich neben dem Fahrersitz.

So fährt sich die Isetta 2.0

Hergestellt wird der Microlino von einem Schweizer Unternehmen, der Micro Mobility Systems AG. Sie sind bekannt für ihre Kinder-Roller und E-Scooter. Im Konfigurator kannst du nicht nur aus sieben verschiedenen Lackierungen, sondern auch zwischen drei Akku-Varianten wählen. Die Standard-Akku-Version verfügt über eine Reichweite von 93 Kilometern, für einen Aufpreis von 2.000 Euro steigt die Reichweite auf 177 Kilometer und für 4.000 Euro mehr kannst du eine Reichweite von bis zu 228 Kilometern erhalten. 

Der Microlino ist ab 19.990 Euro zu haben. Er hat einen 17 PS starken E-Motor, dessen Akku über eine Kapazität von 10,5 kWh verfügt und in der Spitze ganze 90 km/h schnell fährt. Nach rund drei Stunden an der Ladesäule ist das von uns getestete Mikro-Auto aufgeladen und hat eine Reichweite von bis zu 177 Kilometern, so die Herstellerangaben. Bei niedrigeren Temperaturen, was ab und an bei unseren Fahrten der Fall war, wird gerne mal die Heizung eingeschaltet, jedoch sinkt dann die Reichweite auf circa 100 Kilometer. 

Der Microlino kann zu Hause oder an der Ladesäule geladen werden.

Ein Langstrecken-E-Auto ist der Microlino nicht und das soll er auch nicht sein, denn mit ihrer Knutschkugel werben sie für "den perfekten Zweitwagen". Wir waren zwei Wochen mit ihm im Stadtverkehr unterwegs. Die Geräuschkulisse im Fahrzeug ist nicht gerade leise, denn der E-Motor ist schon bei der kleinsten Beschleunigung zu hören. Ein Radio ist ebenfalls nicht verbaut. Zwar gibt es alternativ eine kleine Musikbox, die neben dem Beifahrer platziert ist, jedoch bietet sie keine überragende Soundqualität. Fährt der Microlino auf holprigen Straßen, steigt die Geräuschkulisse im Auto noch weiter. 

Die Federung lässt zu wünschen übrig, jedoch sorgt die weich gepolsterte Sitzbank für einen besseren Komfort, als es die Dämpfer vermuten lassen. Bei Starkregen kann es durchaus auch schonmal am Türrahmen in die Kabine ein wenig tropfen. Trotzdem hat der Microlino seinen eigenen Charme. Solang die Straßen trocken sind, kann der kleine Stadtflitzer Spaß machen. Er ist nahezu nicht perfekt, jedoch ist er eine gute Alternative für die Stadt und auch noch ein echter Hingucker. 

Der Microlino passt dank seiner Größe in fast jede Parklücke rein.

Fazit zum Microlino: Wenig Auto für viel Geld

Die Sicherheit im Microlino lässt an manchen Stellen zu wünschen übrig. Aufgrund der Fahrzeugklasse L7e, wo der Microlino unterteilt ist, muss er sich auch keinem Crashtest unterziehen. Zwar gibt es ein Gurtsystem, das im Falle eines Unfalls zugreift, jedoch ist dies im Microlino sensibel. Bereits bei einem kleinen Schlagloch zieht es sich sofort fest und auf Dauer kann dies stören. Denn dadurch ist beispielsweise der Blick nach links und rechts eingeschränkt. 

Auch wenn die Karosserie aus Aluminium und gepresstem Stahl besteht, ist es trotz allem laut während der Fahrt. Ab einer Geschwindigkeit von etwa 75 km/h tritt ein wenig Fahrtwind von der unteren Seite der Tür ins Auto ein. Der Microlino erinnert nun mal an ein wahres Kultauto, die BMW Isetta. Aber für fast 20.000 Euro erwartet man etwas mehr.

Vorteile des Microlino

  • Klein, Agil und gutes Platzangebot
  • Vergleichsweise viel Stauraum
  • Höchstgeschwindigkeit liegt bei 90 km/h
  • Reichweite

Nachteile des Microlino

  • Rund 20.000 Euro für ein Mikro-Auto
  • Reduzierte Sicherheitsfeatures
  • Keine Sonnenblende
  • Kein Rückspiegel
  • Kleine Seitenspiegel

Hinweis: Der Testwagen des Microlinos wurde unserer Redaktion für zwei Wochen kostenlos von der Micro Mobility Systems / Microlino AG zur Verfügung gestellt.

Bildquellen

  • opel-rocks-e-im-test-ein-wahrer-stadtflitzer: Ron Sitzer / inside digital

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