Auf den ersten Blick vermittelt der GWM Ora 03 den Charme eines Kleinwagens. Mit einer Länge von 4,25 Metern ist er aber mehr als das. Etwa der Volkswagen ID.3 (Test) oder auch der Volvo EX30 (Test) kommen auf eine ähnliche Länge. GWM kombiniert die Kompaktwagen-Maße mit einer Breite von 1,83 Metern und einem Radstand von 2,65 Metern. Das sorgt für ordentliche, aber nicht opulente Platzverhältnisse im Innenraum. Aber dazu später mehr.
GWM Ora 03 400 Pro+ im Test: Hingucker dank Beetle-Optik
Für unseren Test haben wir den China-Stromer, der gemeinsam mit dem Mini aus dem Hause BMW entwickelt wurde, in der zweithöchsten Ausstattungsstufe getestet. Der GWM Ora 03 400 Pro+ ist mit einer 63 Kilowattstunden (kWh) großen Batterie ausgestattet, von der rund 59 kWh nutzbar sind. Wie alle angebotenen Varianten bietet auch das von uns getestete Modell 126 kW (171 PS) Leistung. Im Innenraum finden bis zu fünf Personen Platz, die Höchstgeschwindigkeit liegt auf der Autobahn bei 160 km/h. Der Sprint von 0 auf 100 km/h gelingt laut Hersteller in rund acht Sekunden. Es geht per Frontantrieb also eher gemächlich zu; aber keinesfalls undynamisch.
Auffällig ist beim Ora 03 in erster Linie das Design. Während die Front mit ihren "Kugelaugen" ein wenig an einen VW Beetle erinnert, sorgt das Heck für einen ziemlich flippigen Gesamteindruck. Rundliche Proportionen werden hier von einem breiten Lichtband ergänzt, das sich in der kompletten Breite über das Heck zieht. Große Heckleuchten sucht man links und rechts neben einem breiten Ora-Schriftzug vergeblich. Die Heckklappe ist ab der von uns getesteten Ausstattungsvariante übrigens in einer elektrischen Variante nutzbar.
Das Kofferraumvolumen gibt GWM beim Ora 03 mit schmalen 228 Litern an. Zwei Getränkekisten und ein Einkaufskorb finden trotzdem hinter einer recht tiefen Ladekante ihren Platz. Legt man die Rücksitze um, wächst das Ladevolumen auf bis zu 858 Liter. Ziemlich wenig und noch geringer als zum Beispiel im Peugeot e-208 (Test). Einen Frunk unter der Motorhaube gibt es ebenso wenig wie viel Platz im Unterboden des Kofferraums. Dort sind kleinere Staufächer zu finden, die aber keinen Platz für ein AC-Ladekabel bieten.
Hoher Verbrauch auf der Autobahn
Primär ist der Ora 03 für die städtischen Pendel- und Versorgungsfahrten gedacht. Und hier kann das Auto seine Stärken tatsächlich mit einem sehr niedrigen Verbrauch ausspielen. Er liegt zwischen 13 und 14 kWh / 100 km und kann locker mit den Verbrauchswerten anderer Stadtflitzer mithalten. Auf der Landstraße musst du hingegen mit einem Verbrauch von rund 17 kWh / 100 km rechnen, auf der Autobahn sind es sogar rund 23 kWh / 100 km.
Auffällig ist, dass das Auto auf der Autobahn neben dem hohen Verbrauch noch andere Schwächen offenbart. Die Geschwindigkeitsregelanlage (Tempomat) ist nur bis Tempo 120 nutzbar, der Fahrspurassistent greift ziemlich ruckartig und eher störend in das Fahrgeschehen ein und die Sitze bieten praktisch keinen Seitenhalt. Letzteres ist besonders bei Auf- und Abfahrten auf die Autobahn zu spüren. Trotzdem sind die Sitze auch auf langen Fahrten nicht unbequem.
Das Cockpit-Design ist GWM gut gelungen. Eine hochwertige Verarbeitung trifft hier auf ein Fahrerinformationsdisplay hinter dem Lenkrad und ein Infotainment-Display, das als Touchscreen serienmäßig mit einem Navigationsdisplay nutzbar ist. Beide Bildschirme sind 10,25 Zoll groß. Erfreulich: Anders als im GWM Ora 07 (Test) ist das Navigationssystem viel ausgereifter und gibt klare Befehle. Gleichwohl ist auch der Ora 03 sehr eifrig, was die akustischen Warnhinweise betrifft. Der Gipfel: Ein Blick in den rechten Außenspiegel wurde uns während unseres zweiwöchigen Tests gleich zweimal mit dem Hinweis quittiert, doch bitte "nicht geistesabwesend" zu sein. Ähnliche Hinweise sind auch immer wieder zu erwarten, wenn man während der Fahrt auf das Center-Display schaut.
One-Pedal-Driving optional aktivierbar
Der Fahrkomfort: Ordentlich! Das Fahrwerk ist für unseren Geschmack etwas straff abgestimmt und lässt das E-Auto phasenweise gehörig über unebene Fahrbahnen rumpeln. Etwas mehr Komfort bei der Federung wäre hier wünschenswert. Gewöhnungsbedürftig ist auch das große Lenkrad, das zumindest bei Menschen mit langen Beinen den Ein- und Ausstieg behindert. Freude bereitet die Tatsache, dass es über die Einstellungen des Fahrzeugs möglich ist, komfortables One-Pedal-Driving zu aktivieren. Das schont die Bremsen.
Die Gänge werden im Ora 03 über einen Drehschalter an der Mittelkonsole eingelegt. Vier Fahrmodi (Eco / Auto / Normal / Sport) stehen zur Verfügung, zusätzlich ein Modus Eco+, den GWM aber in den Einstellungen des Fahrzeugs versteckt. Die Fahrmodi sind über eine Taste links neben dem Lenkrad oder über das Center-Display auswählbar. Eine Start-Stopp-Taste gibt es nicht. Das Fahrzeug ist nach dem Öffnen sofort startklar und schaltet sich automatisch ab, sobald es verschlossen wird.
Viele optionale Einstellungsmöglichkeiten
Schaltwippen für die manuelle Einstellung der Energierückgewinnung (Rekuperation) gibt es nicht. Im Bordsystem lässt sich die gewünschte Stufe der Rekuperation aber in drei Stufen einstellen. Ebenso die Härte der leichtgängigen Lenkung (Normal / Komfort / Sport). Der Warnton bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit fällt im Ora 03 vergleichsweise dezent aus. Ein Fahren ohne angelegte Sicherheitsgurte ist mit dem Flitzer nicht möglich, was kurze Rangierfahrten erschwert.
Und das Platzangebot? Das ist auf den vorderen Sitzplätzen ordentlich. In der zweiten Sitzreihe wird es hingegen schneller eng. Und ab etwa 1,85 Metern ist auch die Kopffreiheit eingeschränkt. Hier wirkt sich die Höhe von nur rund 1,60 Metern negativ aus. Der Blick vom Fahrersitz nach hinten ist wegen einer schmalen Heckscheibe und einer breiten C-Säule schlecht. Zum Glück ist eine 360-Grad-Rundumsichtkamera grundsätzlich Teil der Serienausstattung. Einen Heckscheibenwischer gibt es hingegen nicht. Wir hätten ihn uns teilweise aber sehr gewünscht.
Die Ladeleistung: ein Graus!
Auf der Langstrecke sind wir mit dem GWM Ora 03 auch unterwegs gewesen. Und haben auf den herbstlichen Autobahnfahrten zwischen Münster- und Rheinland eine Reichweite von nur rund 260 Kilometern erreichen können. Und das trotz einer Reisegeschwindigkeit von eher 120 statt der sonst in unseren Tests üblichen 130 km/h. In der Spitze ist der Ora 03 mit 160 km/h unterwegs.
Nun könnte man argumentieren, dass die kurze Langstreckenreichweite durch flottes Nachladen an der öffentlichen Schnellladesäule ausgeglichen werden kann. Genau das ist beim GWM Ora 03 aber nicht der Fall. Ganz im Gegenteil: Wer eine HPC-Ladesäule ansteuert, muss im besten Fall über den vorne links am Fahrzeug zu findenden Ladeanschluss mit 67 kW Ladeleistung auskommen. Das ist für einen Neuwagen der Gegenwart, der preislich alles andere als ein Schnäppchen ist, zu wenig. Zumal es sich bei den 67 kW auch nur um einen Wert handelt, der unter optimalen Bedingungen bei sommerlichen Temperaturen zu erreichen ist.
Wir konnten den Peak an Ladeleistung selbst nach einer 100 Kilometer langen Autobahnfahrt und entsprechend aufgewärmten Akku nicht abrufen. Stattdessen waren nur 63 kW vom Monitor der Schnellladesäule abzulesen. Wenn man an einer Ladesäule steht, die theoretisch 300 kW bereitstellen könnte, ist das ziemlich quälend. Noch bitterer wird es, wenn der Wagen ohne warme Akkuzellen zur Schnellladesäule fährt. Eine Aufladung von 4 auf 80 Prozent dauerte in diesem Fall unerfreuliche 66 Minuten – mit maximal 56 kW Ladeleistung. Andere E-Autos brauchen dafür nicht selten nur halb so lange.
Immerhin: Der dreiphasige On-Board-Charger lädt neue Energie an der Wallbox oder an einer Normalladesäule mit bis zu 11 kW nach. Für eine Wechselstrom-Aufladung von 0 auf 100 Prozent vergehen laut Hersteller 6,5 Stunden. Den Wagen nachts an die Wallbox anzuschließen, um am nächsten Morgen mit vollem Akku weiterzufahren, ist also kein Problem; wenn denn eine Wallbox rund um die heimischen vier Wände zur Verfügung steht.
Was kostet der GWM Ora 03?
Angeboten wird der GMW Ora 03 in fünf Varianten. Das Basismodell mit nur 48 kWh großer Batterie startet bei 38.990 Euro, in der Spitze sind 49.490 Euro für das GT-Modell zu bezahlen. In der von uns getesteten Ausführung 400 Pro+ liegt der Basispreis bei 47.490 Euro. Ab dieser Ausstattungsvariante ist eine Wärmepumpe Teil der Serienausstattung, die sonst 900 Euro extra kostet; für das günstigste Basismodell aber nicht einmal optional angeboten wird. Lackierungen abseits des serienmäßigen Galaxy Beige kosten bis zu 990 Euro extra. Elf Farben stehen zur Wahl.
Fazit zum GWM Ora 03: Nur in der Stadt top
Einst als "Funky Cat" in Deutschland eingeführt, ist der GWM Ora 03 jetzt mit einem etwas reizlosen Namen auf hiesigen Straßen unterwegs. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das E-Auto im innerstädtischen Verkehr eine gute Figur macht; wenn man davon absieht, dass der Frontkollisionswarner etwas zu häufig vor einem potenziellen Auffahrunfall warnt. Und auch das Kofferraumvolumen könnte größer ausfallen, ist für die Wocheneinkäufe aber vollkommen ausreichend bemessen.
Auf der Autobahn macht das Fahren als solches ebenfalls Spaß. Doch der viel zu hohe Verbrauch und die nicht zu Ende gedachten Assistenzsysteme sorgen leider für enorme Abzüge in der B-Note. Inakzeptabel sind für unseren Geschmack magere 67 kWh Schnellladeleistung. Hier muss GWM dringend nachbessern. Gerade, wenn man sich bewusst macht, dass der Ora 03 mit einem Preis von mindestens 39.000 Euro alles andere als ein Schnäppchen unter den gegenwärtig erhältlichen E-Autos ist. Daran ändert auch die umfangreiche Ausstattung nichts. Ein Panoramaglasdach gibt es erst ab der zweitteuersten Ausstattungsvariante.
Vorteile des GWM Ora 03
- niedriger Verbrauch bei innerstädtischen Fahrten
- gut verarbeitetes Interieur
- praktikabel im Stadtverkehr
- ordentliche Ausstattung
Nachteile des GWM Ora 03
- geringe Schnellladeleistung
- hoher Verbrauch auf der Autobahn
- zu sensibel eingestellte Fahrassistenten
- geringes Kofferraumvolumen
- hoher Preis
Dass ein gelungenes Design bei einem E-Auto längst nicht alles ist, hat der GWM Ora 03 im Test eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Besonders negativ fällt die viel zu geringe Schnellladeleistung auf. Deswegen ist dieses E-Auto eigentlich nur Menschen zu empfehlen, die zu Hause eine Wallbox nutzen können.